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       # taz.de -- Asiatische Tigermücke in Berlin: Biester in Nadelstreifen
       
       > Ernst gemeinter Tipp: Schlagen Sie nicht immer gleich zu! Die
       > Wissenschaft wird es Ihnen danken.
       
   IMG Bild: Ganz hübsch, aber gefährlich – wenn man sie lässt: die Asiatische Tigermücke
       
       Berlin taz | Wenn Sie dieser Tage etwas am Arm, im Nacken oder rund um den
       Fußknöchel kitzelt und dann piekst – Sie kennen das Gefühl –, schlagen Sie
       nicht sofort zu. Erstens kann das, je nachdem, wie schnell Sie es gemerkt
       haben, zu unschönen Blutspritzern führen, zweitens ist das gerade Ihre
       Chance, der Wissenschaft einen Dienst zu erweisen. Versuchen Sie, die
       Stechmücke irgendwie unbeschadet einzufangen, etwa mit einem Glas,
       platzieren Sie sie über Nacht ins Gefrierfach und schicken Sie sie
       anschließend in einem Streichholzschächtelchen an das [1][Projekt
       „Mückenatlas“ des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)] im
       märkischen Müncheberg.
       
       Die dortigen Insektenkundler kartieren nämlich Mückenpopulationen in ganz
       Deutschland. Was insbesondere dann von Interesse ist, wenn es sich bei den
       Biestern um invasive Arten handelt, die unsere Breiten erst seit Kurzem
       besiedeln – weil sie es, globalen Warenströmen und wärmerem Klima sei Dank,
       eben können. Zum Beispiel die Asiatische Tigermücke, die noch vor ein paar
       Jahrzehnten nicht außerhalb von Nordindien, Südostasien oder Japan
       beobachtet wurde.
       
       Derzeit scheint sie in Berlin heimisch zu werden: Wie die
       Senatsgesundheitsverwaltung am Donnerstag mitteilte, wurden unlängst in
       einer Kleingartenanlage in Treptow-Köpenick schon im zweiten Jahr in Folge
       erwachsene Tigermücken gefunden. „Eine erfolgreiche Überwinterung ist damit
       belegt und eine dauerhafte Ansiedlung zu befürchten“, warnt die Behörde.
       Berlin sei somit der bislang nördlichste Punkt in Deutschland, wo sich die
       Mücken vermehrten – in einigen Regionen Süddeutschlands ist das dagegen
       schon seit Jahren der Fall.
       
       ## Die Fortpflanzung erschweren
       
       Dass die Senatsverwaltung warnt, hat Gründe: Die Asiatische Tigermücke
       überträgt in anderen Weltgegenden die Erreger ernster Tropenkrankheiten wie
       Dengue, Zika oder Chikungunya. Um die entsprechenden Viren zu übertragen,
       müssen die blutdürstigen Insekten aber erst einmal erkrankte Personen
       gestochen haben – und die sind hierzulande bislang extrem rar. Trotzdem
       [2][rät die Gesundheitsverwaltung im Sinne der Prophylaxe dazu,] den Mücken
       ihr Fortpflanzungshabitat zu entziehen – stehendes Wasser, zum Beispiel in
       Eimern oder anderen Behältern irgendwo im Garten.
       
       Angst müssen Sie vor der Tigermücke also erst einmal nicht haben.
       Stattdessen können Sie die filigranen weißen Streifen des Tieres, denen es
       den schönen lateinischen Namen Aedes albopictus verdankt, bewundern – nach
       der behutsamen Gefangennahme, versteht sich. Und kommen Sie jetzt nicht
       damit, es sei schon schwierig genug, Moskitos mit einer zusammengerollten
       taz zu erlegen. Niemand hat behauptet, Wissenschaft sei ein simples
       Handwerk.
       
       21 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://mueckenatlas.com/mueckenjaeger-werden/
   DIR [2] https://www.berlin.de/lageso/gesundheit/gesundheitsschutz/umweltbezogener-gesundheitsschutz/flyer-tigermuecke_allg.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
       ## TAGS
       
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