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       # taz.de -- Sicherung der Energieversorgung: Habecks neues Gas-Sparpaket
       
       > Es fließt wieder Gas durch Nord Stream 1, dennoch warnt die
       > Bundesnetzagentur vor Engpässen. Der Wirtschaftsminister stellte neue
       > Maßnahmen vor.
       
   IMG Bild: Hier kommt das Gas an: Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern
       
       Berlin taz | Der große Knall ist ausgeblieben: Seit Donnerstagmorgen
       [1][fließt wieder fossiles Gas aus Russland] durch die Ostsee-Pipeline Nord
       Stream 1. Diese kommt damit regulär aus ihrer zehntägigen Wartung, die
       einmal jährlich stattfindet. Befürchtungen, Russlands Präsident Wladimir
       Putin könne den Anlass nutzen, um die Gas-Lieferungen ganz einzustellen,
       haben sich damit nicht bewahrheitet.
       
       Darauf hingedeutet hatte etwa, dass Russland während der Wartung nicht die
       Liefermengen durch andere Pipelines erhöht hat. Außerdem waren schon vorher
       die Lieferungen gekürzt worden, angeblich wegen einer in Reparatur in
       Kanada befindlichen Turbine.
       
       Laut der Bundesnetzagentur erreichen die Lieferungen jetzt wieder dieses
       gedrosselte Niveau, nämlich eines von 40 Prozent der Pipeline-Kapazität.
       Die Prognose für die Zukunft sei aber „extrem volatil“, warnte Behördenchef
       Klaus Müller. „Wir müssen mehr einsparen, um gut durch die nächsten beiden
       Winter zu kommen.“
       
       Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht das so. „Die
       jetzigen 40 Prozent können uns nicht in Sicherheit wiegen, dass es immer so
       weitergeht“, sagte er am Donnerstagnachmittag. Er kündigte ein neues Paket
       aus verschiedenen Programmen und Verordnungen an, das er auf den Weg
       bringen will.
       
       ## Vorgaben für Privathaushalte und Unternehmen
       
       Zum Beispiel soll es die schon in Aussicht gestellte Gaseinsparverordnung
       geben, mit der die Bundesnetzagentur im Notfall Gas aus dem Markt nehmen
       können soll. Auch die Privathaushalte sollen von neuen Regeln betroffen
       sein – allerdings nicht im Sinne einer Abschaltung von Gas, die technisch
       ohnehin kaum umzusetzen wäre.
       
       Stattdessen sollen Haushalte mit Gaskesseln diese optimal einstellen
       müssen, damit sie effizienter laufen. Auch für Unternehmen soll das gelten.
       Das Beheizen privater Pools mit Gas soll verboten werden. In einem Fall
       geht es sogar um mehr Freiheiten für Verbraucher:innen: Die üblichen
       Klauseln in Mieterverträgen, die eine gewisse Mindesttemperatur
       vorschreiben, sollen zeitweise wirkungslos sein.
       
       Die neuen Pläne enthalten aber auch explizit Vorgaben nur für Unternehmen:
       Die Betreiber von Gasspeichern sollen zu höheren Speicherquoten
       verpflichtet werden als bisher. Sie dürfen damit weniger Gas jetzt
       verkaufen, das dann möglicherweise im Winter fehlt.
       
       Ab einer gewissen Schwelle müssen Firmen ihren Energieverbrauch künftig
       überwachen und Einsparmaßnahmen umsetzen, wenn die Kosten für die
       Investition nach zwei Jahren wieder drin wären. „Das ist sozusagen die
       Pflicht zum Geldsparen“, sagte Habeck. Solche Projekte lägen ohnehin im
       Interesse der Unternehmen, blieben aber im Tagesgeschäft oft liegen – das
       wolle man jetzt verhindern.
       
       Zudem sollen in öffentlichen Gebäuden Räume, die nicht dauerhaft genutzt
       werden, künftig unbeheizt bleiben, also zum Beispiel Flure oder Foyers.
       
       Allerdings soll auch beim Klimaschutz wieder gespart werden: Habeck holt
       die Braunkohle-Reserve ab Oktober zurück. Dabei handelt es sich um
       Kraftwerke, die nicht mehr in Betrieb, aber noch in Bereitschaft sind. Eine
       Sonderregelung für die etwas weniger klimaschädlichen Steinkohlekraftwerke
       [2][ist bereits seit einiger Zeit in Kraft].
       
       Konkrete [3][Pläne zur Entlastung] der Bürger:innen wegen der hohen
       Gaspreise legte Habeck nicht vor. Dennoch war ihm merklich daran gelegen,
       allen Beteiligten gut zuzureden. „Ursache all dieser Diskussionen ist der
       durch nichts zu rechtfertigende Angriff Russlands auf die Ukraine“, sagte
       er. „Es erweist sich als ganz große Stärke, dass die Bürgerinnen und
       Bürger, die Wirtschaft und die Politik Seite an Seite gehen.“
       
       21 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Versorgungssicherheit/aktuelle_gasversorgung/start.html
   DIR [2] /Folgen-der-Gaskrise/!5864192
   DIR [3] /Fuenf-Punkte-Plan-gegen-Gaspreiskrise/!5868982
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Schwarz
       
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