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       # taz.de -- Einkauf auf der grünen Wiese: Ungeliebtes Outlet
       
       > Das „Designer Outlet Soltau“ soll um die Hälfte vergrößert werden.
       > Lüneburg und Celle, die beiden größten Nachbarstädte, sind wenig
       > begeistert.
       
   IMG Bild: Entspanntes Shopping für Touristen oder nerviges Autobahn-Ziel? Designer Outlet Soltau
       
       Hamburg taz | Auf der A7 von Hamburg nach Hannover, auf halber Strecke
       direkt neben der Autobahn, liegt das „Designer Outlet Soltau“. Viele
       bekannte Marken bieten hier ihr Sortiment zu reduzierten Preisen an und
       locken damit über eine Million Besucher pro Jahr an.
       
       Das Outlet ist kein geschlossenes Gebäude, sondern um eine offene „Plaza“
       orientiert und wirbt mit einem „Shopping-Erlebnis unter freiem Himmel“. Zum
       Teil stehen hier nachempfundene Heidehäuschen – Fachwerkbauten mit
       Kunststoff-Reetdächern. Sie sollen das Bild zum „Village“ abrunden.
       
       Das idyllische Dörfchen soll um die Hälfte vergrößert werden, wenn es nach
       der Stadt Soltau und den Investor:innen geht, angeführt von Sylvie
       Mutschler. Die Investorin will höhere Profite und, wie sie sagt,
       [1][Konkurrenzfähigkeit mit anderen Outlet Centern], die zum Teil deutlich
       größer sind. Die Stadt Soltau erhofft sich einen Zuwachs der Bevölkerung,
       neue Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen.
       
       ## Zehn Jahres Kompromiss
       
       Die derzeitige Verkaufsfläche von 10.000 Quadratmetern sei von Anfang an
       eine Kompromisslösung gewesen, sagt Daniel Gebelein, Fachgruppenleiter für
       Stadtentwicklung in Soltau. „Es waren 20.000 Quadratmeter im Gespräch.“
       Doch Stadt und Investor:innen hätten sich auf die Hälfte verständigt,
       „mit einem zehnjährigem Monitoring“.
       
       Nun sind knapp zehn Jahre vorbei. [2][Vor der Eröffnung hatte es jahrelange
       Kämpfe um den Standort, die Größe und die Zulässigkeit des Projekts
       gegeben]. Schon Ende der 90er-Jahre stellte die Stadt Soltau einen Antrag
       auf ein sogenanntes Raumordnungsverfahren.
       
       Nach vielen Ablehnungen, Anträgen von Nachbargemeinden und Kompromissen
       gestattete das Landesministerium den Bau, wogegen auch eine Klage der
       [3][Nachbargemeinde Bispingen] nichts mehr auszurichten vermochte.
       Ursprünglich hatte das Land ein Outlet Center in Bispingen geplant, sich
       aber nach von der Stadt Soltau eingereichten Studien umentschieden.
       
       Bereits kurz nach der Eröffnung des Outlets versuchte die Investorin, die
       Verkaufsfläche zu verdoppeln. Das niedersächsische
       Landwirtschaftsministerium lehnte das zweimal ab. Das aktuelle
       Raumordnungsverfahren soll das Center deshalb als Kompromiss nur um 5.000
       Quadratmeter erweitern. Beim neuen Raumordnungsverfahren können sich alle
       Betroffenen beteiligen und Stellungnahmen abgeben, etwa benachbarte Städte.
       Auch die Öffentlichkeit kann sich zu den Plänen melden.
       
       ## Angst um die Innenstadt
       
       Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch teilte öffentlich mit, dass
       sie „Auswirkungen auf unsere Innenstadt“ befürchte. Die leide bereits unter
       dem „zunehmenden Online-Handel“. Zudem stehe die Erweiterung des Outlets
       „der dringend notwendigen Mobilitätswende entgegen“, da sie nur für noch
       mehr Autoverkehr sorge. Lüneburgs Stadtrat hat einstimmig eine Resolution
       gegen die Erweiterung verabschiedet.
       
       Ebensoviel Gegenwind gibt es aus Celle. Oberbürgermeister Jörg Nigge ist
       sehr verärgert. Seine Stadt habe in den vergangenen Jahren „den Leerstand
       in der Innenstadt massiv reduziert“ und „alles getan, die Attraktivität zu
       erhöhen“. Als „Dank“ dafür müsse die Stadt nun zusehen, wie das Outlet
       Center wachse und wachse.
       
       Das Beteiligungsverfahren läuft noch bis Mitte August. Dann muss das Amt
       für regionale Landesentwicklung in Lüneburg eine Entscheidung treffen. Auf
       die hofft Soltaus Planungschef Gebelein noch in diesem Jahr. Sie hätten
       sich gut vorbereitet, sagt er. Die von ihnen eingereichten „sehr
       ausführlichen Gutachten zum Einzelhandel“ würden bestätigen, dass selbst in
       „Worst-Case-Szenarien“ keine Beeinträchtigungen durch das Outlet vorlägen.
       
       Die Lüneburger Heide lebe vom Designer Outlet mit, sagt Gebelein. Das
       Center habe positive Effekte auf den Tourismus der Region. Das sieht Celles
       Oberbürgermeister Nigge anders: „Das mutet nahezu lächerlich an, denn wer
       wählt sein Urlaubsziel schon danach aus, ob ein Outlet-Center in der Nähe
       ist – und noch dazu im nicht eben urbanen Raum rund um Soltau?“
       
       13 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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       ## TAGS
       
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