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       # taz.de -- Nach Protesten im Sudan: Militär verspricht Demokratisierung
       
       > Die Militärregierung im Sudan scheint auf die Forderungen der
       > Protestierenden einzugehen. Experten sehen darin eher eine Konsolidierung
       > ihrer Macht.
       
   IMG Bild: Mehr Demokratie, weniger Militär – die Forderungen wurden zumindest offiziell erhört
       
       Frankfurt a.M./Khartum epd | Das Militär im Sudan will den Weg für eine
       zivile Regierung freimachen. Das kündigte Machthaber General Abdel Fattah
       al-Burhan am Montagabend in einer Fernsehansprache an, wie der sudanesische
       Exilsender Radio Dabanga berichtete. Die Armee werde eine demokratische
       Transition zulassen, die in Wahlen münden solle. Das Militär ziehe sich
       dafür aus den Verhandlungen über die Zukunft des Sudan zurück, die unter
       Vermittlung der Vereinten Nationen (UN), der Afrikanischen Union (AU) und
       des regionalen Staatenbundes Igad stattfinden sollen. Einen Zeitplan nannte
       der General nicht.
       
       Nach Einschätzung der Sudan-Expertin Marina Peter ist die Ankündigung ein
       taktisches Manöver. „Das Militär nimmt dadurch den Druck raus und erweckt
       den Eindruck, als habe es die Forderungen der Straße erfüllt“, sagte die
       langjährige Beraterin von „Brot für die Welt“.
       
       Doch von dem, was ihre Quellen sagten, werde das neu zu gründende
       Militärgremium nicht nur wie angekündigt für die Sicherheit zuständig sein,
       sondern auch für die Zentralbank und Teile der Außenpolitik. „Aber eine
       zivile Regierung ist komplett handlungsunfähig, wenn sie keine Kontrolle
       über die Finanzen, die Sicherheit und womöglich Teile der Außenpolitik
       hat.“ Zugleich würde eine zivile Regierung dem Militär den Zugang zu
       Hilfsgeldern sichern, die westliche Industrienationen nach dem
       Militärputsch eingefroren haben.
       
       Al-Burhan begründete seinen Schritt mit der aktuellen Krise, die die
       Einheit des Landes bedrohe und den gewünschten Übergang zur Demokratie aufs
       Spiel setze. Im Sudan [1][demonstriert die Bevölkerung] seit Jahren für
       eine Demokratisierung. Zunächst führte das zum Sturz von Langzeitherrscher
       Omar Al-Baschir 2019 durch die Armee und nährte Hoffnung auf eine
       Verbesserung der Lage.
       
       ## Mehrere zivile Gruppen hatten sich geweigert mit dem Militär zu tagen
       
       Doch das Militär setzte im vergangenen Oktober eine unter internationaler
       Vermittlung gebildete Regierung aus Zivilisten und Armeeangehörigen wieder
       ab. Seitdem mehren sich trotz der blutigen Reaktion des Militärs die
       Proteste, bei denen laut Ärzten aus der Protestbewegung mehr als 110
       Menschen getötet wurden.
       
       Die von UN, AU und Ijad vermittelten Verhandlungen haben sich bislang
       verzögert. Sie sollen eine breite Beteiligung der Bevölkerung ermöglichen.
       Doch mehrere wichtige Gruppen der Demokratiebewegung, darunter die an der
       ersten Übergangsregierung beteiligten „Kräfte für Freiheit und Wandel“
       haben sich bislang geweigert, sich mit dem Militär an einen Tisch zu
       setzen.
       
       Laut Expertin Peter ist die Zivilgesellschaft aber aufgrund des
       [2][Taktierens der Armee] tief gespalten. „Es wird sehr schwierig, eine
       stabile Übergangsregierung mit allen wichtigen Kräften zu bilden.“ Und dann
       komme dieser Regierung die Aufgabe zu, ein völlig zerrüttetes und in einer
       schweren Wirtschaftskrise steckendes Land unter den Bedingungen nach vorne
       zu bringen.
       
       Al-Burhan ging in seiner Rede auch auf eine Hauptforderung der
       Demokratiebewegung nach einem Ende der Straflosigkeit für das Militär ein.
       Er drückte sein Bedauern über die Opfer auf allen Seiten aus und versprach,
       Armee und Sicherheitskräfte würden Untersuchungen unterstützen, die zur
       Bestrafung der Verantwortlichen führen. Auch diese Ankündigung sieht Peter
       skeptisch, weil das Militär in den vergangenen Monaten zahlreiche
       [3][gefährliche Islamisten] aus den Gefängnissen freigelassen habe. „Viele
       Stimmen sagen, dass das Militär mit diesem Manöver alles erreicht, was mit
       dem Coup angestrebt war.“
       
       6 Jul 2022
       
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