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       # taz.de -- Frauenrechte in Europa: EU für Abtreibung als Grundrecht
       
       > Das EU-Parlament verlangt die Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in die
       > Grundrechtecharta. Der Entscheid des Obersten US-Gerichtshofs wird
       > verurteilt.
       
   IMG Bild: Wie diese US-Demonstrant:innen verurteilen auch EU-Parlamentarier Frauenrechtseinschränkungen
       
       Straßburg afp/dpa | Nach der Aufhebung eines US-Grundsatzurteils zur
       Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen hat das Europäische Parlament
       die Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in die EU-Grundrechtecharta
       gefordert. In die Charta solle der Satz „Jeder hat das Recht auf sichere
       und legale Abtreibung“ aufgenommen werden, forderte die Mehrheit der
       Abgeordneten am Donnerstag in Straßburg in einer nicht bindenden
       Entschließung. Demnach sollen die Mitgliedstaaten sich nun damit befassen.
       
       Die im Jahr 2000 verabschiedete Grundrechtecharta der EU ist rechtlich
       bindend und hat den gleichen Stellenwert wie die Verträge der EU. Die
       Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in die Charta erfordert nach den
       derzeitigen EU-Verträgen die Einstimmigkeit der Mitgliedsländer, die
       derzeit nicht besteht. Die Abgeordneten forderten in ihrer Entschließung
       daher auch eine Möglichkeit zur Änderung der Verträge.
       
       Die Parlamentarier verurteilten „erneut aufs Schärfste die Rückschritte bei
       den Rechten von Frauen und der sexuellen und reproduktiven Gesundheit“
       weltweit, „auch in den USA und in einigen EU-Mitgliedstaaten“.
       
       Die Europaabgeordnete Terry Reintke (Grüne) unterstützte die Forderung.
       „Auch in Europa wollen rechtskonservative Kräfte die Zeit zurückdrehen“,
       erklärte Reintke. Die französische Abgeordnete Nathalie Colin-Oesterlé von
       der konservativen EVP-Fraktion hatte am Montag ebenfalls davor gewarnt,
       dass in Europa „die Frauenrechte auch bedroht“ seien.
       
       „Starke Frauenrechte“ seien „eine Errungenschaft, auf die ganz Europa stolz
       sein kann“, hatte die EU-Gleichstellungskommissarin Helena Dalli am Montag
       in Straßburg gesagt. „Wir sollten vorwärts gehen, nicht rückwärts.“
       
       „Die Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofs ist ein herber Rückschlag
       für die Rechte der Frauen und unser aller Selbstbestimmung“, erklärte die
       SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl. Die Grünen-Abgeordnete Terry Reintke
       sagte: „Ideologische Grabenkämpfe dürfen nicht länger auf dem Körper und
       der Gesundheit von Frauen ausgetragen werden.“ Viele Abgeordnete der
       Konservativen und Christdemokraten – darunter EVP-Fraktionschef Manfred
       Weber (CSU) – stimmten gegen die Resolution.
       
       In den USA hatte der Oberste Gerichtshof des Landes am 24. Juni das seit
       fünf Jahrzehnten geltende Recht auf Abtreibung gekippt. Der mehrheitlich
       von konservativen Richtern besetzte Supreme Court hob das Grundsatzurteil
       „Roe v. Wade“ aus dem Jahr 1973 auf, das Schwangerschaftsabbrüche
       landesweit grundsätzlich erlaubt hatte.
       
       In Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch nach Paragraf 218 des
       Strafgesetzbuches grundsätzlich verboten. In den ersten zwölf
       Schwangerschaftswochen bleiben Abtreibungen aber straffrei, wenn es vorher
       eine Beratung gegeben hat, die Schwangerschaft durch ein Sexualdelikt wie
       einer Vergewaltigung entstanden ist oder gesundheitliche Gefahren bestehen.
       
       🐾 [1][taz-Autorin Dinah Riese schrieb über die Abschaffung von Paragraf
       219a] in Deutschland und führte ein Interview mit der [2][Ärztin Kristina
       Hänel], die dafür jahrelang gekämpft hat. Zusammen mit [3][taz-Autorin
       Patricia Hecht berichtet über den noch geltenden Paragraf 218] des
       deutschen Strafgesetzbuches.
       
       7 Jul 2022
       
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