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       # taz.de -- Außenministerin Baerbock in Japan: Nur verbal klar gegen Atomwaffen
       
       > Annalena Baerbock fordert eine atomwaffenfreie Welt. Dass Deutschland
       > gleichzeitig atomwaffenfähige Flugzeuge anschafft, ist für sie kein
       > Widerspruch.
       
   IMG Bild: Annalena Baerbock und ihr Amtskollege Yoshimasa Hayashi am Montag in Tokio
       
       Tokio taz | Diese Botschaft war [1][Annalena Baerbock] wichtig. So wichtig,
       dass sie sie bei praktisch jedem ihrer öffentlichen Auftritte während ihres
       Japan-Besuchs unterbrachte: „Das Ziel von uns ist eine Welt ohne
       Atomwaffen“, sagte die deutsche Außenministerin am Montag nach dem Gespräch
       mit ihrem japanischen Amtskollegen Yoshimasa Hayashi.
       
       Am Vortag nach ihrem Besuch [2][im Atombomben-Museum] in Nagasaki schrieb
       sie ins Gästebuch, sie verlasse es „mit schwerem Herzen und zugleich
       bestärkt in unserem gemeinsamen Streben nach einer friedlicheren
       atomwaffenfreien Welt“. Und auch nach einem Gespräch mit einem Überlebenden
       des zweiten und bisher letzten Atombombenabwurfs hatte sie erklärt,
       Nagasaki und Hiroshima seien „ein Mahnmal dafür, dass wir alle gemeinsam
       arbeiten müssen an einer Welt ohne Atomwaffen“.
       
       Dabei betonte [3][die Außenministerin] jeweils, dass Deutschland gerade an
       der Vertragsstaatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag teilgenommen hat.
       Das hatten die Grünen im Koalitionsvertrag durchgesetzt. Doch zuletzt hatte
       es Zweifel gegeben, wie ernsthaft dieses Ziel verfolgt wird – denn statt
       der Ministerin oder der zuständigen Staatssekretärin nahm nur ein
       Unterabteilungsleiter an der Konferenz teil.
       
       Mit ihrem wiederholten Bekenntnis zum weltweiten kompletten
       Atomwaffenverzicht hat Baerbock in Japan nun deutlich gemacht, dass sie von
       dieser Ur-Forderung der Grünen auch im neuen Amt nicht abrückt. Zugleich
       machte sie aber auch deutlich, dass sie es kurz- bis mittelfristig nicht
       für realistisch hält. Abrüstungsschritte seien „in der derzeitigen Weltlage
       alles andere als einfach“, sagte sie während ihrer Antrittsreise nach
       Japan. Im Gegenteil hätten „gerade in jüngster Zeit die Atomwaffen eher zu-
       als abgenommen“.
       
       ## „Atomwaffen sind traurige Realität“
       
       Und wirklich aktiv für die Abschaffung von Atomwaffen arbeiten darf
       Baerbock als Ministerin nicht – darauf drängt nicht nur die FDP, sondern
       das stünde auch im Widerspruch zu Nato-Vereinbarungen, denen zufolge
       Deutschland an der „nuklearen Teilhabe“ teilnimmt. An der
       Atomwaffenverbotskonferenz hat Deutschland darum auch nicht als Mitglied,
       sondern nur als Beobacher teilgenommen – wobei auch das für einen
       Nato-Staat schon als sehr weitreichender Schritt gesehen wird.
       
       Doch praktische Konsequenzen hat diese Teilnahme zunächst nicht. Ganz im
       Gegensatz zu Baerbocks Erklärung sorgt Deutschland an anderer Stelle sogar
       dafür, dass es seine eigene Rolle bei der Atomwaffennutzung beibehält: Als
       Ersatz für die veralteten Tornados will Deutschland neue Kampfjets vom Typ
       F-35 anschaffen – und die sind explizit für nukleare Sprengköpfe ausgelegt.
       
       Gemäß der Nato-Vereinbarung würde die Luftwaffe mit den Jets im Ernstfall
       die Atombomben einsetzen. Obwohl es mit dem F-18 oder dem Eurofighter
       Alternativen gäbe, die nicht ohne Weiteres atomwaffenfähig sind, wollen die
       Grünen dieser Anschaffung zustimmen. „Noch sind Atomwaffen leider eine
       traurige Realität auf dieser Welt“, sagt Baerbock zur Begründung. Deswegen
       sei im Koalitionsvertrag vereinbart worden, „dass Deutschland die Aufgaben,
       die es im Bündnis im Rahmen der nuklearen Teilhabe übernommen hat,
       selbstverständlich weiter leisten wird“.
       
       Noch unklar ist hingegen, ob sich Deutschland an einem Projekt der
       Atomwaffenverbotskonferenz beteiligt, bei dem es keine bündnispolitischen
       Hinderungsgründe gibt: Einem Fonds zur Entschädigung von Atomwaffenopfern.
       Eine Entscheidung darüber ist dem Vernehmen nach noch nicht gefallen. Auch
       hier zeigt sich: Plädoyers zu halten ist deutlich leichter, als diese in
       der Praxis mit Leben zu füllen.
       
       11 Jul 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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