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       # taz.de -- Schwangerschaften auf Instagram: Babybauch mit Glowy-Filter
       
       > Auf Instagram inszenieren Influencerinnen ihre Schwangerschaft als eine
       > Art entspannten Urlaub. Die Realität sieht anders aus, weiß unsere
       > Autorin.
       
   IMG Bild: Fotoshooting statt Kotzgeschichten -
       
       Ich bin seit einiger Zeit schwanger, und möchte darüber sprechen, wie mich
       Instagram, was die Schwangerschaft angeht, hinters Licht geführt hat. Ich
       habe, noch bevor ich wusste, dass ich schwanger bin, hie und da mal eine
       Werbung für einen Babystrampler gesehen, hab mir aber nichts dabei gedacht.
       
       Ich bekomme oft merkwürdige Werbung angezeigt. Zuletzt für einen
       Mini-Schreibtisch-Staubsauger, den ich tatsächlich gekauft habe, weil ich
       ein Marketingopfer ohne Selbstkontrolle bin. Daher ist es nicht
       verwunderlich, dass ich mir meine Schwangerschaft so vorgestellt habe, wie
       sie auf Instagram vorgelebt wird. Mit einem Glowy-Filter, viel Eis und
       Ausflügen in schönen Kleidern.
       
       Stattdessen habe ich das erste Trimester kotzend verbracht, und weil es da
       noch niemand wissen durfte, musste ich das heimlich machen. Das heißt:
       zwischendurch Meetings unterbrechen („Ich habe ein Paket bekommen, muss
       eben zur Tür“), oder wenn’s dafür nicht mehr gereicht hat, schnell die
       Zoom-Kamera ausmachen und mich lautlos schalten, damit meine Kollegen
       nichts mitbekommen.
       
       ## Babyshower mit Cupcakes
       
       Als ich endlich die schöne Nachricht mit allen teilen konnte, dachte ich,
       das Schlimmste sei überstanden. Falsch gedacht! Im zweiten Trimester
       entwickelte ich gefühlt jeden Tag neue Leiden, die Arbeiten, Laufen und
       Wohlfühlen schwerer machen. Auf Instagram feierten derweil andere
       Schwangere Babyshower mit Cupcakes. Ich war ständig bei Ärzten, im
       Krankenhaus, machte Termine mit Diabetologen und lernte jeden Tag neue
       Abkürzungen wie CRP, SSW, ET, CKG, Toko.
       
       Ich gehöre sonst nicht zu der Sorte Menschen, die Leiden googeln, aber
       irgendwann fing ich an, Zeit in Babyforen zu verbringen. Es ergaben sich
       neue Fragen: Ist mein Bauch zu groß? Bin ich zu spät dran mit der
       Feindiagnostik? Sollte ich Sport machen? Wie viel Spaghetti-Eis ist zu
       viel?
       
       Dann beschloss ich, mich von Foren abzuwenden und gar nichts mehr zu lesen.
       Auf Instagram derweil: andere werdende Mütter, die [1][Babyfotoshoots]
       machen. Nicht falsch verstehen: Ich gönne es allen Müttern, aber während
       ich Magnesium nahm, Blutwerte entzifferte und Arzttermine ausmachte, hätte
       ich am liebsten Instagram gelöscht.
       
       ## Irgendwo dazwischen
       
       Ich weiß, dass ich aus einer privilegierten Position spreche. Es gibt
       unzählige Menschen, die schwanger werden wollen und es nicht schaffen. Ich
       bin schwanger, es ist ein Segen und ein Geschenk, aber nachts, wenn der
       Bauch wehtut und niemand einen Grund parat hat, ist es schwer, dankbar zu
       sein.
       
       Als es mir besser ging, beschloss ich, meine Odyssee auf Instagram zu
       teilen. Weil ich mir wünsche, dass mir das jemand vorher gesagt hätte.
       Schwangerschaft ist natürlich nicht so, wie es auf Instagram gezeigt wird.
       Es ist aber auch nicht nur Notaufnahme und Entzündungswerte. Es ist
       irgendwo dazwischen. Es ist Segen und Schmerzen, Geschenk und
       nervenaufreibend. Und das ist doch auch schön.
       
       24 Jul 2022
       
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