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       # taz.de -- Gas-Notfallplan der EU-Staaten: Die vielen Krisen
       
       > Dem Gas-Notfallplan der EU fehlt eine Vielkrisenperspektive. Das Sparen
       > von Energie insgesamt sollte im Vordergrund stehen.
       
   IMG Bild: Kohlekraftwerk in Datteln
       
       Die Nachricht kommt passgenau: Die EU-Staaten haben sich auf einen
       „Notfallplan Gas“ geeinigt – einen Tag bevor Russland am Mittwoch die
       Gaslieferungen über [1][die Pipeline Nord Stream 1 noch einmal halbieren
       will], sodass sie nur noch ein Fünftel ihrer Kapazität transportiert.
       
       Es ist klar: Gas ist knapp und man tut nicht gut daran, sich überhaupt noch
       auf Lieferungen aus Russland zu verlassen. Folgerichtig wollen die
       EU-Länder zusammen ihren Gasverbrauch senken, und zwar um 15 Prozent von
       August bis zum nächsten März. Das hatte die EU-Kommission vorgeschlagen.
       Nach den Verhandlungen der EU-Energieminister:innen zu dem Vorstoß sind
       aber wesentliche Punkte abhandengekommen. Zum Beispiel: die
       Verbindlichkeit. Das Sparen ist erst mal nur freiwillig, wovon aber auch
       bislang kein Land abgehalten wurde.
       
       Die EU-Kommission hatte als Clou vorgesehen, dass sie selbst im Notfall das
       Sparen verordnen kann. Dem ist jetzt nicht mehr so. Für den „EU-Alarm“ muss
       derselbe Ministerrat, der sich heute nicht zu mehr Verbindlichkeit
       durchringen konnte, das verpflichtende Sparen mit sogenannter
       qualifizierter Mehrheit beschließen. Zudem haben die Länder, die von
       vornherein nicht mitsparen wollten, für sich Ausnahmen ausgehandelt. In
       manchen Fällen haben sie nachvollziehbare Einwände vorgebracht, wenn sie,
       wie etwa Zypern, gar nicht an das Verbundnetz angeschlossen sind.
       Andererseits vergrößert auch die Einsparung eines solchen Landes das
       Gesamtangebot von Gas und könnte somit die herrschenden Mondpreise senken.
       
       Die vielfältigen Ausnahmen schwächen also das Gesamtpaket – oder schieben
       den anderen Ländern mehr Sparverantwortung zu. Zur Wahrheit gehört
       natürlich auch, dass speziell Deutschland am meisten von dem Programm
       profitiert, während doch das Problem durch das freiwillige
       Hineinmanövrieren in die massive Abhängigkeit von Russland erst groß wurde.
       Dass die Bundesrepublik mehr tun muss, [2][ist also durchaus fair].
       
       Was dem Notfallplan noch fehlt, ist die nötige Vielkrisenperspektive. Ja,
       [3][Gassparen ist wichtig] – aber müsste es nicht eigentlich mehr um das
       Sparen von Energie insgesamt gehen? Die besonders klimaschädliche Kohle hat
       sonst statt des Gases wieder Hochkonjunktur. Während eine Hitzewelle die
       andere jagt, ist es besonders offensichtlich, dass das eigentlich nicht
       geht – auch wenn es kurzfristig pragmatisch sein mag. Der Fokus auf die
       Sicherung eines hohen Energieverbrauchs verstellt den Blick darauf, dass
       zur (Energie-)Sicherheit in erster Linie die radikale Senkung der
       Treibhausgas-Emissionen gehört.
       
       26 Jul 2022
       
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