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       # taz.de -- Neues internationales Klimabündnis: Streiks sind ihnen nicht genug
       
       > Klimaaktivist:innen wollen weltweit Universitäten und Schulen
       > besetzen. Sie fordern einen Stopp der Förderung fossiler Rohstoffe.
       
   IMG Bild: Mit Demonstrationen ist es nicht mehr getan, glauben einige Klimaaktivist:innen
       
       Ihnen geht die Geduld aus: Klimaaktivist:innen weltweit wollen
       zwischen September und Dezember 2022 unter dem Motto „End Fossil: Occupy“
       Schulen und Universitäten besetzen, um sich für ein Ende der fossilen
       Wirtschaftsweise einzusetzen. Das kündigten sie in einem [1][offenen Brief]
       an. „Als junge Menschen, die am Rande der größten Katastrophe in der
       Geschichte der Menschheit geboren wurden, ist es unsere Verantwortung, uns
       zu erheben und sie zu stoppen“, heißt es darin.
       
       Die Aktivist:innen rufen andere Schüler:innen und Studierende dazu
       auf, sich ihnen anzuschließen und Universitäten und Schulen zu besetzen.
       Diese Besetzungen sollen von der Jugend angeführt werden, sich an dem
       Prinzip der Klimagerechtigkeit orientieren und andauern, „bis wir
       gewinnen“, so die Verfasser:innen. Bisheriger Protest reiche noch nicht
       aus, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen. „Wir müssen
       disruptiver sein als jemals zuvor, da es unsere einzige Chance ist, zu
       überleben“, schreiben die Aktivist:innen.
       
       Sie fordern ein Ende der Finanzierung und Förderung fossiler Rohstoffe,
       wollen ihre Forderungen aber auch jeweils an lokale Gegebenheiten anpassen.
       „Die größten Ölkonzerne sind auf dem Weg, für den Rest des Jahrzehnts jeden
       Tag 103 Millionen Dollar für die planetare Zerstörung auszugeben“,
       schreiben sie mit Bezug auf eine [2][Recherche des britischen Guardian].
       Die Aktivist:innen kritisieren in dem Zusammenhang, dass auch viele
       Universitäten Geld in fossile Unternehmen investieren.
       
       Auf der Website der Bewegung befindet sich eine Karte, in der bereits
       geplante Aktionen verzeichnet sind. Es soll zum Beispiel eine Besetzung in
       Nürnberg während der in Ägypten stattfindenden Weltklimakonferenz im
       November geben. „End Fossil: Occupy“ sieht sich in der Tradition der
       Studierendenbewegung der 60er Jahre. In Westdeutschland setzten sich
       Studierende damals mit teils radikalen Mitteln für eine gesellschaftliche
       Liberalisierung ein, für Frauenrechte und eine Aufarbeitung der
       nationalsozialistischen Vergangenheit sowie gegen Notstandsgesetze und den
       Kapitalismus.
       
       ## Unterstützer:innen von verschiedenen Kontinenten
       
       Internationale Unterstützung erhält das Bündnis von der
       Klimaschutz-Nichtregierungsorganisation [3][350.org]. Auf Twitter stellten
       sich zudem [4][Greenpeace] und die [5][kapitalismuskritische kanadische
       Klimajournalistin Naomi Klein] hinter die Initiative. Ein großer Teil der
       Unterstützer:innen des Aufrufs gehört Fridays-for-Future-Gruppen aus
       verschiedenen Ländern an. Die Autor:innen kommen unter anderem aus
       Argentinien, den Vereinigten Staaten, der Elfenbeinküste und Frankreich,
       Unterzeichner:innen zum Beispiel aus Indien und Mexiko. Auch zwei
       deutsche Aktivisten von Fridays for Future sind Mitverfasser.
       
       Einer von ihnen ist Lucas Wermeier, ein 22-jähriger Göttinger Student und
       Fridays-for-Future-Aktivist. Er betont zwar den bewegungsübergreifenden
       Charakter des neuen Bündnisses, sagte aber: „Meine Perspektive ist, dass
       wir den Klimastreik 2.0 machen.“
       
       Wermeier ist unzufrieden darüber, wie es für die Fridays derzeit läuft und
       meint: „Ich stecke in einer Bewegung, die seit Monaten in Konferenzen hockt
       und handlungsunfähig ist.“ Das liege auch an äußeren Umständen: „Die
       Pandemie hat der Bewegung insgesamt geschadet. Es sind viele Ortsgruppen,
       gerade im ländlichen Bereich, weggebrochen.“
       
       Er hofft, dass die Besetzungen der Bewegung neuen Rückenwind verschaffen
       werden. „Derzeit ist der globale Klimastreik unsere einzige gemeinsame
       Praxis“, sagt der Aktivist. Insgesamt gibt er sich optimistisch: „Die
       Besetzungen haben großes internationales Potenzial aufgrund der
       Anschlussfähigkeit an viele Bewegungen.“
       
       ## Fridays for Future fokussiert sich auf Klimastreik
       
       Jördis Thümmler von der Pressestelle von Fridays for Future Deutschland
       schrieb der taz auf die Frage, wie die Bewegung sich zu den
       Besetzungsplänen positioniere: „Die Klimagerechtigkeitsbewegung setzt sich
       aus einem breiten Spektrum an Gruppen und Protestformen zusammen. Aus
       diesen heraus entstehen immer neue Ideen und Aktionen – das begrüßen wir.“
       
       Als Dachorganisation bekennt sich Fridays for Future allerdings nicht zum
       Bündnis. Thümmler schreibt: „Unsere Ortsgruppen sind eigenständig und
       einige planen, sich an den Besetzungen zu beteiligen. Im Fokus unserer
       Arbeit steht allerdings der globale Klimastreik am 23. September, an dem
       wir möglichst viele Menschen für Klimagerechtigkeit in ganz Deutschland auf
       die Straße bringen wollen.“
       
       Einige klimabewegte Wissenschaftler:innen unterstützen die geplanten
       Besetzungen ebenfalls. „Wir haben schon mit dem Bündnis gesprochen. Ihre
       Ziele, Forderungen und Motivation halten wir für richtig“, teilt Nana-Maria
       Grüning von Scientist Rebellion teilt auf Anfrage der taz mit. „Scientists
       von Scientist Rebellion werden Unterstützung anbieten und Solidarität
       ankündigen.“ Sie fügt an: „Scientist Rebellion wird in dem Zeitraum auch
       eigene Aktionen durchführen, worauf unser Fokus liegen wird.“ Ob sie sich
       an den Besetzungen in den Universitäten beteiligen werden, möchte Grüning
       nicht sagen.
       
       Die Gruppe Scientists for Future wird sich jedenfalls heraushalten, lässt
       der Meteorologe im Ruhestand Franz Ossing, 73, von den Berliner Scientists
       for Future wissen. Er betont: „Wir sind die Stimme der Wissenschaft.“
       
       29 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://endfossil.com/press/
   DIR [2] https://www.theguardian.com/environment/ng-interactive/2022/may/11/fossil-fuel-carbon-bombs-climate-breakdown-oil-gas
   DIR [3] https://350.org/
   DIR [4] https://twitter.com/Greenpeace/status/1552146023573000193
   DIR [5] https://twitter.com/NaomiAKlein/status/1552034323838017537
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Schlegel
       
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