# taz.de -- Frauenfußballprojekt in den USA: Rosa Reize
> Torhüterin Almuth Schult wechselt zum Angel City FC nach Los Angeles. Der
> Klub arbeitet mit Sendungsbewusstsein an einem großen Projekt.
IMG Bild: Wechsel nach Kalifornien: Nationalkeeperin Almuth Schult (l.) wird Teil des Angel City FC
Almuth Schult kann sich freuen. Offenbar wird die deutsche Torhüterin beim
US-Klub Angel City FC schon sehnsüchtig erwartet, sonst würde auf den
Rängen ihres künftigen Arbeitgebers nicht schon eine Deutschlandflagge
wehen. Mitbegründerin Kara Nortman hat diese Bilder hochrangigen Gästen nun
auf einem Uefa-Panel in London zum Abschluss der Frauen-EM präsentiert.
Was eignet sich zur globalen Förderung des Frauenfußballs besser als dieses
hollywoodreife Pionierprojekt, von dem Klubpräsidentin Julie Uhrman sagt:
„Wir wollen die Welt unterhalten.“ Die Kapitalgeberin Nortman klang am
Grosvenor Square vergangenen Sonntag eher danach, die Welt verändern zu
wollen.
Um mehr Gleichberechtigung geht es stets auch der vielfältig engagierten
Schult, die sich in ihrer Rolle als unermüdliche Vorkämpferin in England
zurücknehmen musste. Als Ersatztorfrau gehört es sich nicht, Interviews zu
geben; außer einer Kolumne waren von der 31-Jährigen keine Statements zu
vernehmen. Schult fliegt am Montag mit Ehemann und ihren Zwillingen nach
Los Angeles. Sportlich gibt es einiges zu tun: In der bereits im Frühjahr
begonnenen [1][Saison in der Nations Womens Super League (NWSL)] krebsen
die „Engel“ auf dem siebten Platz herum. Doch für Nortman sind andere
Zahlen wichtiger.
16.000 Dauerkarten sind verkauft. Die Stimmung bei jedem Heimspiel
prächtig, das Publikum bunt. Unter den 220 im Verein arbeitenden Personen
seien 75 Prozent weiblich, 55 Prozent People of Colour, erzählte die
Initiatorin. Auch wenn das Wappen in Rosa gehalten ist, dominieren die
Regenbogenfarben, getreu dem Motto: „Wir können das Leben von Mädchen und
Frauen in der Gesellschaft durch Fußball verbessern.“
## Stelldichein der Promis
Nortman erzählte, wie sie mit der [2][Schauspielerin Natalie Portman] das
wichtigste Angel-Gesicht gewinnen konnte. Ein Abendessen im Herzen von L.
A. reichte. „Natalie hat sofort gefragt: ‚Was kann ich tun?‘“ Deren Sohn
hatte die US-Weltmeisterinnen Megan Rapinoe und Alex Morgan ins Herz
geschlossen. Inzwischen unterstützen die Sängerin Christina Aguilera,
YouTube-Star Casey Neistat, Sängerin Becky G, die Skifahrerin Lindsey Vonn,
Tennisstar Serena Williams, die US-Soccer-Ikonen Mia Hamm und Abby Wambach
die Angels – und die Liste ist längst nicht vollständig. Schult taucht also
bald in ein Sammelbecken weltbekannter Persönlichkeiten ein: „Ich bin
niemand, der Promis hinterherläuft, um ein Selfie zu machen, aber ich freue
mich, wenn ich so bekannte Frauen kennen lernen darf“, sagte sie vor der
EM.
Das Interesse an der deutschen Meinungsführerin beruht auf Gegenseitigkeit.
Die Engel wollen in die Welt strahlen – dazu brauchen sie Botschafterinnen
aus allen Kontinenten. So fightet nicht nur die US-Weltmeisterin Cristen
Press für die Angel, sondern auch Alexandra Riley, Kapitänin vom
Nationalteam Neuseelands, wo die WM 2023 stattfindet. Längst stehen die
Sponsoren bei so viel Strahlkraft Schlange.
Konzerne wie der Sportartikelgigant Nike leisten tatkräftigen Support.
Mittlerweile seien 44 Millionen Dollar, so Nortman, zusammengekommen. Der
US-Klub erlöst damit allein so viel, wie die gesamte Frauen-Bundesliga
umsetzt. Zehn Prozent davon fließen generell bei allen Einnahmen an soziale
Projekte zurück. Das klingt genau nach dem, was Bundestrainerin Martina
Voss-Tecklenburg am Montag beim rauschenden Empfang am Römer ausgerufen
hat: „Tragt die Werte, die wir vorgelebt haben, in unsere Gesellschaft.
Dann wären wir ein Stück weit besser.“
Gut, dass DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich oder Doris Fitschen, Leiterin
des Projekts „Frauen im Fußball“, den Nortman-Vortrag gehört haben. Beide
hatten vor der EM die Herausforderungen hierzulande beschrieben: das
sinkende Interesse mit einem Zuschauerschnitt unter 1.000 bei
Bundesligaspielen, die geringe Resonanz bei Länderspielen oder die seit
2010 halbierte Anzahl der Mädchenteams.
Nun kann sich wegen der deutschen Strukturen nicht einfach ein bunter neuer
Klub ein Spielrecht in der Bundesliga erkaufen – Borussia Dortmund hat mit
seinen Frauen deshalb bewusst ganz unten angefangen –, aber darum geht es
eigentlich auch nicht. Auch Schult ist viel wichtiger, welche Haltung ihr
neuer Verein einbringt. So reizt die 64-fache Nationaltorhüterin einerseits
die sportliche Herausforderung, zum anderen aber auch die grundsätzliche
Philosophie. Wird sie bald sagen: „Gesucht und gefunden“?
Die Angel-Idee entstand, als Nortman mit ihrer Tochter ein Spiel der
Frauen-WM 2015 in Vancouver besuchte. Damals waren beide begeistert, aber
als sie in Kalifornien nach einem Klub suchten, fanden sie nur Brachland.
Danach habe sie „100 Spielerinnen gestalkt, 100 Gespräche geführt“, bis
erste Türen aufgingen. Heute glaubt sie, dass Angel City FC eine „so
bekannte Marke wie der FC Liverpool wird“.
3 Aug 2022
## LINKS
DIR [1] https://www.nwslsoccer.com/
DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Natalie_Portman
## AUTOREN
DIR Frank Hellmann
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