# taz.de -- Drohnenangriff der USA in Afghanistan: Ohne Prozess
> Die Exekution des Al-Qaida-Chefs ist nach europäischer Auffassung
> staatlicher Mord. Für die USA gilt der Drohnenangriff hingegen als
> Kriegseinsatz.
IMG Bild: Ohne Gerichtsurteil getötet: Aiman al-Sawahiri in einem Fernsehbild von 2006
Die USA haben [1][Aiman al-Sawahiri], den aktuellen Anführer des
Terrornetzwerks Al-Qaida, mit zwei Raketen getötet, die von einer Drohne
abgefeuert wurden. Die USA vollstreckte damit eine Art Todesstrafe ohne
Gerichtsverhandlung – als Vergeltung für die Al-Qaida-Anschläge auf New
York und Washington von 2001. Es war ein staatlicher Mord.
Diese Aussage ist weder abwegig noch ungewöhnlich. Sie entspricht der
herrschenden Auffassung der europäischen Völkerrechtslehre, die den Kampf
gegen den Terror klar als polizeiliche Aufgabe der Kriminalitätsverfolgung
definiert und nicht als erlaubte staatliche Kriegsführung.
Hier klaffen die Auffassungen in Europa und den USA seit rund zwanzig
Jahren weit auseinander. Die US-Regierungen führen den [2][war on terror]
so, als sei es ein Krieg gegen einen staatlichen Angreifer. Für sie ist der
Al-Qaida-Chef ein Kombattant, also ein Kriegsteilnehmer und damit ein
völkerrechtlich zulässiges militärisches Ziel.
Nun kann sich die Bundesregierung nicht einfach zurücklehnen und auf einen
interkontinentalen Streit unter Rechtswissenschaftlern verweisen, der sie
nichts angehe. Denn viele US-Drohnen-Angriffe nutzen Einrichtungen auf der
[3][US-Airbase in Ramstein] als Verbindungsstation für die
Drohnensteuerung. Eine solche Relaisstation ist wegen der Erdkrümmung
notwendig. Vermutlich war Ramstein auch beim Angriff auf al-Sawahiri
involviert. Und natürlich ist die Bundesregierung dafür verantwortlich, was
auf deutschem Boden geschieht.
Schon lange gibt es daher Forderungen aus der Friedensbewegung, Deutschland
solle den USA die Nutzung der Air Base verbieten, zumindest für
rechtswidrige Drohnenangriffe. Angesichts der Weltlage wird die
Bundesregierung einen derartigen Affront gegen die USA natürlich weiter
vermeiden. Dennoch wäre schon etwas gewonnen, wenn die Regierung wenigstens
etwas Problembewusstsein zeigen würde.
Peinliches Negativbeispiel war 2011 Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem
Ausspruch: „[4][Ich freue mich, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten.]“
2 Aug 2022
## LINKS
DIR [1] https://www.tagesschau.de/ausland/usa-al-kaida-chef-afghanistan-101.html
DIR [2] /Experte-ueber-Anti-Terror-Krieg-nach-9/11/!5792651
DIR [3] /Ramstein-und-die-Drohnen/!5731665
DIR [4] /Militaerbischof-ueber-Toeten-und-Moral/!5121417
## AUTOREN
DIR Christian Rath
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