# taz.de -- Hitzetage in der Stadt: Hamburg braucht echte Freibäder
> Als Ersatz für sein Schwimmbad auf der Wiese erhielt der Stadtteil
> Rahlstedt ein Außenbecken am Hallenbad. Es fehlt ein Planschbecken für
> Kinder.
IMG Bild: Hier gab es noch Sprungturm und Rutsche: das Freibad am Rahlstedter Wiesenredder wurde abgerissen
Hamburg taz | Heiße Tage sind in Hamburg Freibad-Gedenktage. Der Moment,
den herrlich großen Wiesen und blau gekachelten Becken zu gedenken, die es
in Kleine-Leute-Stadtteilen wie Dulsberg, [1][Hamm] oder [2][Rahlstedt] mal
gab. Fünf [3][solcher Badanlagen] wurden für Wohnungsbau weggeplant, obwohl
die Stadt wächst, wir im Sommer nicht mehr so viel ans Mittelmeer fliegen
sollen und es an heißen Tagen immer heißer wird.
Nächste Woche soll es wieder richtig heiß werden. Ich werde mich hüten, und
den Fehler von neulich wiederholen. 38 Grad waren es am 20. Juli, und ich
hatte einer älteren Verwandten versprochen, zum Abkühlen schwimmen zu
gehen.
Aber bei mir in Hamburg-Rahlstedt wurde [4][das große Freibad Am
Wiesenredder] vor einem Jahr dem Erdboden gleichgemacht. Stattdessen gibt
es neben dem Hallenbad an der Polizeiwache ein 25-Meter-Außenbecken mit
einer kleinen Liegewiese, die etwa ein Zehntel der Fläche des alten
Freibads umfasst.
Beim Hallenbad war Hochbetrieb. Schon die Fahrradständer waren überfüllt,
die Umkleidekabinen besetzt und vor der Dusche mussten wir warten, bis ein
Brausekopf frei wurde. Im großen Becken der Halle ging es lebhaft zu. Im
Kinderschwimmbecken nebenan war es rappeldickevoll, stand Kind neben Kind.
Und draußen war das Außenbecken auch gut gefüllt. Auf einer blauen
Plastikfläche daneben spritzten bunte Geräte einzelne Kleinkinder nass.
## Mit Platz gegeizt
Was mir klar wurde, als ich eine Woche später bei kühlerer Temperatur
wiederkam: Die Stadtoberen haben so mit Platz gegeizt, dass draußen ein
Kinderbecken fehlt. Es gibt nur diese Plastikfläche, aber nichts zum echten
Planschen. Und das Außenbecken misst 1,30 Meter – zu tief für
Nichtschwimmer-Kinder.
Deshalb waren die Kinder alle drinnen. Während ich meine Bahnen zog, plante
ich das Bad-Areal im Geiste um. Noch ein Außenbecken für Kids, das müsste
wohl drin sein. Denn eine Freibadkultur ist für Kinder einfach wichtig. Ein
Ort an der frischen Luft, wo sie an Sommertagen den Nachmittag verbringen
können.
Während ich so Züge schwimmend Stadtentwicklung betrieb, verfing sich ein
schwimmendes Haar in meinen Fingern, das ich abzupfte und zum Beckenrand
brachte. Dann noch eins und noch eins. Insgesamt fünf, ich hab gezählt.
Nicht kleinlich sein, dachte ich mir, wird halt gut genutzt, dieses Becken.
Die Reinigung müsste eigentlich funktionieren, sagte die Bademeisterin.
Und auch der Bäderland-Sprecher wird mir das später am Telefon samt
technischer Details erklären. Das Wasser ströme von unten rein. Sind Haare
da, würden die aufgewirbelt und über die Rinne weggespült. Das alles sei
computergesteuert, die Wasserwerte „wunderbar in Ordnung“. Naja, dachte
ich, nicht nur echte Freibäder, auch die alten Badekappen haben vielleicht
ihr Gutes.
## Konstruktiver Vorschlag
Wolfgang Trede wohnt nahe dem alten Bad und [5][kämpfte lange gegen die
Stilllegung]. Er sagt, der neue Standort an der Polizeiwache sei einfach zu
klein. Da sei nichts zu machen. Deshalb sollte die Stadt am alten Standort
Wiesenredder ein Lehrschwimmbecken bauen.
Denn die Hälfte des Geländes habe die Politik im Zuge der
Auseinandersetzung als Naturraum „gesetzlich geschützt“ und dürfe nicht mit
Wohnungen bebaut werden. „Rahlstedt ist ein Stadtteil mit 100.000
Einwohnern“, sagt Trede. „Wir können hier gut ein zweites Freibad
vertragen.“
7 Aug 2022
## LINKS
DIR [1] /Proteste-gegen-Freibad-Abriss/!5742100
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DIR [4] /Stadtplanung-in-Rahlstedt/!5607433
DIR [5] https://www.trede.hamburg/freibad-rahlstedt135/
## AUTOREN
DIR Kaija Kutter
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