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       # taz.de -- IS-Verbrechen an den Jesid*innen: In Vergessenheit geraten
       
       > Acht Jahre nach dem Massaker im Irak werden Jesid*innen vermisst, sind
       > auf der Flucht oder im Exil. Sie sind in Not, aber niemand will es hören.
       
   IMG Bild: Eine YPG-Kämpferin hilft Jesidinnen auf der Flucht vor dem IS am 10. August 2014
       
       Vor acht Jahren, am 3. August 2014, fielen Kämpfer des sogenannten
       „Islamischen Staats“ im Schingal, Irak ein und verübten einen [1][Genozid
       an den Jesid*innen]. Sie töteten Männer und alte Frauen. Die jüngeren
       Frauen und Mädchen versklavten und vergewaltigten sie. Sie wurden von
       IS-Kämpfer an IS-Kämpfer weiterverkauft. Die Jungen zwangen sie, als
       Kindersoldaten zu kämpfen. Bis zum heutigen Tag werden noch immer 2.800
       Frauen und Kinder vermisst.
       
       Noch immer leben zehntausende Jesid*innen in Zelten in Lagern von
       Binnenflüchtlingen in der Autonomen Region Kurdistan. Sie können nicht in
       ihre Dörfer und Städte im Schingal zurückkehren. Am Boden gibt es immer
       wieder Kämpfe zwischen verschiedenen Gruppen, zuletzt zwischen der
       irakischen Armee und den von der [2][YPG] ausgebildeten und der PKK
       nahestehenden jesidischen Einheiten YBS. Aus der Luft bombardiert die
       Türkei.
       
       Der Genozid 2014 war weder Schicksal noch ein Naturereignis, er hätte
       verhindert werden können und müssen. Ebenso wie die desolate Situation der
       Jesid*innen heute. Doch es fehlt der politische Wille. Die Jesid*innen
       sind keine große Gruppe, weltweit gibt es schätzungsweise gerade einmal
       eine Million Jesid*innen. In ihrem Herkunftsgebiet, dem heutigen Irak, in
       Syrien und in der Türkei werden sie seit Jahrhunderten als nichtmuslimische
       Gemeinschaft, als Nicht-Buchreligion, deren Texte mündlich überliefert
       werden, verfolgt.
       
       Die Jesid*innen haben keine Lobby. Von der islamischen Ummah, der
       weltweiten Gemeinschaft der Muslime, konnten und können sie keine
       Unterstützung erwarten. Auch in Deutschland nicht. Kein einziger deutscher
       Islamverband hat auf den Aufruf der Gesellschaft für bedrohte Völker
       reagiert, den Genozid an den Jesid*innen in den Freitagspredigten zu
       thematisieren.
       
       In Deutschland, wo mittlerweile rund 200.000 Jesid*innen leben – es ist
       die weltweit größte [3][Diasporagemeinschaft] –, ist der Genozid aus der
       öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Fatal, nicht zuletzt weil auch
       Deutsche ins Kalifat nach Syrien und Irak reisten und sich an Massakern und
       Vergewaltigungen beteiligten.
       
       3 Aug 2022
       
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   DIR Ronya Othmann
       
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