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       # taz.de -- AfD im Visier der Geheimdienste: Verdachtsfall nun auch in Südwest
       
       > Die AfD in Baden-Württemberg wird nun offiziell vom dortigen
       > Landesverfassungsschutz beobachtet. Es gebe „hinreichend gewichtige
       > Anhaltspunkte“.
       
   IMG Bild: Hat juristische Schritte gegen die Beobachtung angekündigt: AfD-Co-Parteichefin Alice Weidel
       
       Stuttgart dpa | Die AfD wird jetzt offiziell in Baden-Württemberg vom
       Verfassungsschutz beobachtet. Der Landesverband wird als sogenanntes
       Verdachtsobjekt eingestuft, wie Innenminister Thomas Strobl (CDU) am
       Donnerstag erklärte.
       
       Die Geheimdienstler dürfen die Partei damit genauer unter die Lupe nehmen
       und unter strengen Voraussetzungen Mitglieder observieren und Telefone
       überwachen oder Informanten anwerben. Die Sicherheitsbehörden sehen
       „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte“ für
       verfassungsfeindliche Bestrebungen in der AfD Baden-Württemberg. Damit
       folgte der Geheimdienst der Bewertung durch das Bundesamt für
       Verfassungsschutz.
       
       AfD-Co-Parteichefin Alice Weidel hat juristische Schritte gegen die
       Beobachtung angekündigt. „Die Einstufung der AfD Baden-Württemberg als
       Beobachtungsobjekt ist vollkommen ungerechtfertigt und ein reiner
       Willkürakt“, sagte Weidel, die auch AfD-Landesvorsitzende in
       Baden-Württemberg ist, am Donnerstag der dpa. „Die AfD als
       regierungskritische Oppositionspartei soll offensichtlich mundtot gemacht
       werden. Das lassen wir uns als Demokraten nicht gefallen und werden, wie
       auch auf Bundesebene, juristisch und politisch dagegen vorgehen.“
       
       Mit der Beobachtung wollen die Verfassungsschützer herausfinden, ob sich
       der Extremismus-Verdacht erhärten lässt und die Gruppierung möglicherweise
       als erwiesen extremistisch eingestuft werden kann. Das ist zum Beispiel
       bereits [1][beim Landesverband in Thüringen der Fall], an dessen Spitze mit
       dem Co-Landesvorsitzenden Björn Höcke der prominenteste Vertreter der
       Rechtsaußen-Strömung der Partei steht.
       
       ## Strobl: „Extremistische Kräfte“ in Südwest-AfD
       
       Die Landesverbände der AfD werden von den jeweiligen Landesbehörden ganz
       unterschiedlich beurteilt. Auch in Niedersachsen ist die AfD etwa
       Verdachtsobjekt – so wie in noch anderen Ländern, nur darf dies in einigen
       von ihnen aufgrund von Landesgesetzen nicht öffentlich mitgeteilt werden.
       
       Im Südwesten wurden bislang lediglich die AfD-Nachwuchsorganisation Junge
       Alternative und der rechtsnationale „Flügel“ der Partei
       nachrichtendienstlich beobachtet. Diese Bewegungen werden auch als Grund
       angeführt, dass nun die ganze Partei ins Visier des Verfassungsschutzes
       rückt: Die extremistischen Strömungen hätten strukturellen Einfluss auf den
       Landesverband, erklärte Beate Bube, Präsidentin des Landesamts für
       Verfassungsschutz.
       
       Der Einfluss dieser Gruppen sei gewachsen, der dort vertretene Volksbegriff
       stehe im Widerspruch zu zentralen Grundprinzipien der Verfassung. So habe
       das Wahlprogramm der AfD zur Landtagswahl eindeutig fremdenfeindliche
       Positionen enthalten.
       
       Innenminister Strobl sagte, extremistische Kräfte seien prägend für das
       Bild, das die Südwest-AfD abgebe. Aus Sicht von Strobl kann die neue
       Beurteilung auch Auswirkungen auf Beamte haben, die Mitglied der Partei
       sind. „Die Mitgliedschaft in der AfD kann jetzt Anhaltspunkt sein, dass
       jemand nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
       steht.“ Das sei mit dem Beamtenstatus nicht vereinbar, es gebe dann aber
       immer eine Einzelfall-Entscheidung.
       
       Der CDU-Politiker begründete den drastischen Schritt auch mit einer
       Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts. Die Partei hatte dort gegen
       die Einstufung als Verdachtsfall durch das Bundesamt geklagt, das Gericht
       hatte aber den Verfassungsschützern Recht gegeben. Der
       baden-württembergische Landesverband könne nicht isoliert vom Bundesverband
       betrachtet werden, erklärte Bube.
       
       ## Nur wenige Tage vor einem AfD-Landesparteitag
       
       Die Landesvorsitzende Alice Weidel sprach indes von einem „Willkürakt“.
       „Die AfD als regierungskritische Oppositionspartei soll offensichtlich
       mundtot gemacht werden“, sagte sie der dpa. „Das lassen wir uns als
       Demokraten nicht gefallen und werden, wie auch auf Bundesebene, juristisch
       und politisch dagegen vorgehen.“
       
       AfD-Fraktionschef Bernd Gögel zeigte sich verwundert, dass die Ankündigung
       des Innenministers nur wenige Tage vor einem AfD-Landesparteitag kam. Dabei
       wird am Wochenende in Stuttgart mit der Wahl eines neuen Vorsitzenden eine
       Richtungsentscheidung über den künftigen Kurs der AfD in Baden-Württemberg
       erwartet, denn Bundestagsfraktionschefin Weidel will nicht mehr als
       Landesvorsitzende antreten.
       
       Der Polizist und Bundestagsabgeordnete Martin Hess will kandidieren und
       gibt vor, einen gemäßigten Kurs einschlagen zu wollen. Gegenkandidat Dirk
       Spaniel, ebenfalls im Bundestag, wurde in der Vergangenheit hingegen eine
       Nähe zum „Flügel“ nachgesagt.
       
       Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja
       Mast, sagte, die AfD bleibe eine Partei, die die Demokratie zersetzen
       wolle. „Die Beobachtung durch den baden-württembergischen Verfassungsschutz
       ist daher nur richtig und nach meinem Empfinden überfällig.“
       
       14 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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