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       # taz.de -- Geplantes Bürgergeld der Regierung: Heil will mehr Geld für Arbeitslose
       
       > Der SPD-Arbeitsminister fordert eine „deutliche Erhöhung“ der Regelsätze.
       > Mit der FDP wird das aber schwierig: Sie bleibt skeptisch.
       
   IMG Bild: Eine „deutliche“ Erhöhung der Regelsätze wird mit der FDP schwierig
       
       Berlin taz | In der Ampel-Koalition spitzt sich der Streit über die
       Erhöhung des angekündigten Bürgergelds zu. Anlass ist ein Vorstoß von
       Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Im Interview mit dem
       Redaktionsnetzwerk Deutschland forderte er am Freitag eine „deutliche
       Erhöhung der Regelsätze“ gegenüber den aktuellen Hartz-IV-Bezügen.
       
       Die Änderungen sollen in Zukunft dafür sorgen, „dass Menschen in der Not
       verlässlich abgesichert sind.“ Besonders Menschen mit niedrigem und
       mittlerem Einkommen bräuchten angesichts der derzeitigen Inflationsrate
       mehr Unterstützung des Staates, sagte Heil.
       
       In der Koalition war dieser Vorstoß offenbar nicht mit allen abgesprochen:
       In der FDP stoßen die Forderungen auf Kritik. Finanzminister Christian
       Lindner hatte sich schon zuvor skeptisch gegenüber einer Erhöhung der
       Grundsicherung für Arbeitslose geäußert. An der Haltung des Ministers habe
       sich nach wie vor nichts geändert, erklärte das Finanzministerium am
       Freitag auf Nachfrage.
       
       Neben Lindner kritisiert Jens Teutrine, Sprecher für Bürgergeld der
       FDP-Bundestagsfraktion, die Reformpläne gegenüber der taz: „Minister Heil
       nutzt die Sommerpause für Debatten über Berechnungsmethoden der Regelsätze,
       die ohnehin nicht schnell umgesetzt werden können.“
       
       ## FDP argumentiert mit dem Koalitionsvertrag
       
       Teutrine bezieht sich auf Äußerungen des SPD-Politikers, auch die Grundlage
       zur Berechnung des Arbeitslosengelds neu kalkulieren zu wollen. Heil
       begründet seine Forderung damit, dass der bisherige Mechanismus den
       aktuellen Preissteigerungen hinterherhinke.
       
       FDP-Politiker Teutrine hingegen erwidert, die Beträge würden wegen der
       aktuellen Inflationsrate ab dem 1. Januar ohnehin angehoben. Zudem sei
       [1][im gemeinsamen Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung] nicht davon die
       Rede, die Sozialleistungen für Empfänger:innen von Arbeitslosengeld
       grundsätzlich zu erhöhen.
       
       Trotzdem will das Bundesministerium für Arbeit und Soziales noch im Sommer
       einen ersten Gesetzentwurf zum geplanten Bürgergeld präsentieren. Ab Januar
       2023 soll das Bürgergeld dann das viel kritisierte Hartz-IV-System ablösen.
       Ob die Forderungen von Heil bereits davor in Kraft treten und auch die
       jetzigen Hartz-IV-Sätze erhöht werden sollen, blieb auf Nachfrage offen.
       
       Unterstützung für die Vorschläge von Heil kommt aus der eigenen Partei. Die
       Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast,
       befürwortet eine Erhöhung der Regelsätze „Ich stehe hinter dem Vorstoß von
       Herrn Heil“, sagte sie der taz. Sie glaubt auch, dass es gelingt, die FDP
       mit ins Boot zu holen: „Ich bin zuversichtlich, dass wir nach einem
       konstruktiven Ringen zu einer guten Lösung kommen.“
       
       ## Ankündigungen ohne Pläne zur Umsetzung
       
       In der Vergangenheit hatte Heil [2][bereits mehrfach angekündigt, die
       staatliche Unterstützung für Erwerbslose zu erhöhen]. Im Mai hatte er eine
       Erhöhung der Grundsicherung um 40 bis 50 Euro pro Person und Monat ins
       Spiel gebracht. Damals sprach der Minister davon, bei der Berechnung nicht
       mehr die Einkommen der untersten 20 Prozente der Haushalte als Grundlage zu
       nehmen, sondern die der untersten 30 Prozent. Nach Heils jetzigen
       Äußerungen ließ das Arbeitsministerium die Nachfrage unbeantwortet, welche
       Änderungen der bisherigen Berechnungsart zu einer Erhöhung der Sätze
       beitragen sollen.
       
       Sozialverbände bemängeln seit Jahren, dass die derzeit geltenden Regelsätze
       zu niedrig sind. Die letzte Erhöhung der Grundsicherung zum Jahreswechsel
       betrug drei Euro. Alleinstehende Erwachsene bekommen demnach 449
       Euro im Monat. Der größte Sozialverband in Deutschland (VdK) hatte sogar
       gegen die Erhöhung geklagt und angekündigt, bis vor das
       Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
       
       Der VdK fordert schon seit Langem, dass die Regelsätze der Grundsicherung
       für Alte und Arbeitslose grundlegend neu berechnet werden.
       Verbandspräsidentin Verena Bentele begrüßt deshalb die Aussagen von
       SPD-Arbeitsminister Heil und fordert gleichzeitig eine schnelle Umsetzung:
       „Es darf keine Zeit verstreichen, denn viele Menschen haben schon jetzt
       wegen der Preissteigerungen große Probleme, über die Runden zu kommen.“
       
       Die Einführung des Bürgergelds ist eines der zentralen
       Koalitionsversprechen der Ampel. Vorangetrieben wurde es maßgeblich von der
       SPD. Wie genau und bis wann es umgesetzt werden soll, wurde im
       Koalitionsvertrag jedoch nicht festgeschrieben.
       
       15 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Aaron Wörz
       
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