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       # taz.de -- Ehe für alle in den USA: Angst vor dem Supreme Court
       
       > Das US-Repräsentantenhaus stimmt dafür, das Recht auf
       > gleichgeschlechtliche Ehe per Bundesgesetz zu schützen. Dadurch kann der
       > Oberste Gerichtshof es nicht kippen.
       
   IMG Bild: LGBTQIA+-Rechte in den USA: Das Repräsentantenhaus will sie stärken
       
       Washington dpa | Das US-Repräsentantenhaus hat dafür gestimmt, das Recht
       auf gleichgeschlechtliche Ehe per Bundesgesetz zu schützen. Ein
       entsprechender Gesetzesentwurf wurde am Dienstag überparteilich mit 267 zu
       157 Stimmen verabschiedet. Alle Gegenstimmen kamen von Republikanern –
       allerdings stimmten auch 47 republikanische Abgeordnete dafür. Dennoch hat
       das Vorhaben aufgrund der knapperen Mehrheitsverhältnisse keine großen
       Chancen im Senat.
       
       Hintergrund für die Abstimmung ist die jüngste Entscheidung des Obersten
       Gerichts der Vereinigten Staaten, das [1][Recht auf Abtreibung] zu kippen.
       Da dieses Recht nicht per Bundesgesetz geschützt ist, können die
       Bundesstaaten nun weitreichende Einschränkungen und Verbote erlassen. In
       zahlreichen Bundesstaaten ist dies bereits geschehen.
       
       Mit ihrem Versuch, das Recht auf die gleichgeschlechtliche Ehe per
       Bundesgesetz festzuschreiben, wollen die Abgeordneten verhindern, dass
       dieses Recht auf ähnliche Weise wie das Abtreibungsrecht gekippt werden
       könnte. Mit einem Urteil ([2][Obergefell v. Hodges]) hat das Gericht zwar
       2015 das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe als von der US-Verfassung
       gedeckt erklärt.
       
       Doch inzwischen hat das Gericht eine deutliche [3][rechtskonservative
       Mehrheit] – und mit ihr könnte es diese und andere Entscheidungen auch
       wieder kippen. Sollte das passieren und keine Bundesgesetzgebung
       entgegenstehen, könnten Bundesstaaten sich weigern, die
       gleichgeschlechtliche Ehe anzuerkennen. Das Gesetz soll auch die Ehe
       zwischen Menschen verschiedener Ethnien schützen.
       
       ## Im Senat stehen die Chancen schlecht
       
       Großes Entsetzen hatte zuletzt eine Stellungnahme des erzkonservativen
       Richters Clarence Thomas ausgelöst, die er im Zuge des Abtreibungsurteils
       veröffentlich hatte. Er schrieb, dass auch Entscheidungen, die das Recht
       auf Verhütung, die gleichgeschlechtliche Ehe oder Sex unter
       gleichgeschlechtlichen Partnern verankern, auf den Prüfstand gehörten.
       Dabei nannte er auch explizit den Fall Obergefell v. Hodges. Zwar betonten
       die restlichen konservativen Richter, dass das aktuelle Urteil zur
       Abtreibung diese Präzedenzfälle nicht infrage stelle. Doch viele Menschen
       in den USA befürchten, dass es auch hier einen Sinneswandel am Supreme
       Court geben könnte.
       
       Hinzu kommt, das ein Bundesgesetz aus dem Jahr 1996 die Ehe als Verbindung
       zwischen einem Mann und einer Frau definiert und weitere Einschränkungen
       vorsieht. Der damalige demokratische US-Präsident Bill Clinton hatte es
       unterzeichnet. Mit Urteilen des Supreme Courts – wie etwa Obergefell v.
       Hodges – ist dieses Gesetz zwar de facto aufgehoben. Seit Jahren versuchen
       Abgeordnete aber ein Bundesgesetz zu verabschieden, dass das Recht auf
       gleichgeschlechtliche Ehe festschreibt und damit das Gesetz aus dem Jahr
       1996 ein für alle mal verbindlich aufhebt. Bisher sind sie damit immer
       gescheitert.
       
       Besonders gut dürften die Chancen auch dieses Mal nicht stehen.
       Unwahrscheinlich ist, dass der Entwurf auch den Senat passieren wird. Dort
       haben die Demokraten nur eine hauchdünne Mehrheit und sind bei zahlreichen
       Vorhaben auf Stimmen der Republikaner angewiesen, um ein Gesetz überhaupt
       zur Abstimmung zu bringen. Offen war auch, wann der Senat sich überhaupt
       mit dem Entwurf befassen wird. Der demokratische US-Präsident Joe Biden
       hatte deutlich gemacht, dass er den Gesetzesentwurf unterstützt.
       
       Erst in der vergangenen Woche hatte das Repräsentantenhaus für ein Gesetz
       gestimmt, dass das Recht auf Abtreibung schützt. Dieser Entwurf dürfte im
       Senat höchstwahrscheinlich scheitern.
       
       20 Jul 2022
       
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