URI: 
       # taz.de -- Globale Hitzewelle: Kein Klimanotstand in den USA
       
       > US-Präsident Biden will am Mittwoch neue Klimaschutzmaßnahmen verkünden.
       > Experten warnen mit Blick auf die Klimakrise vor einer neuen Normalität.
       
   IMG Bild: Fächern hilft nur ein klitzekleines bisschen gegen die extreme Wärme
       
       Berlin afp/reuters/ap | US-Präsident Joe Biden will am heutigen Mittwoch im
       Staat Massachusetts für neue Maßnahmen gegen den Klimawandel werben, jedoch
       zunächst keinen nationalen Klimanotstand ausrufen. Dennoch erwäge das Weiße
       Haus eine solche Maßnahme. Ein Klimanotstand würde Biden in die Lage
       versetzen, Bundesmittel für saubere Energien und weitere Schritte gegen den
       Klimawandel ohne eine Zustimmung des Kongresses freigeben zu können.
       
       Klimaaktivisten und Abgeordnete der Demokraten riefen zuletzt immer lauter
       nach einer solchen Maßnahme. Der Hintergrund: Verhandlungen über ein neues
       Gesetzespaket aus Klimaschutzvorschriften und höhere Steuern für Reiche und
       Konzerne wurden vergangene Woche im US-Senat vom eher konservativen
       Demokraten Joe Manchin blockiert. Mit Bidens Parteifreund stehen und fallen
       viele Initiativen des Weißen Hauses, weil die Demokraten in der
       Parlamentskammer nur eine hauchdünne Mehrheit haben – für den Erfolg seiner
       Vorhaben braucht der Präsident daher alle Stimmen seiner Demokraten.
       
       Manchin begründet seine Haltung mit der hartnäckig hohen Inflation, die
       durch ein weiteres Ausgabenpaket angefacht werden könne. Seine Blockade
       sorgt für Entrüstung bei seinen Fraktionskollegen, die nun verstärkt Druck
       auf Biden ausüben, einen Alleingang zu wagen. Der Präsident kündigte
       vergangene Woche an, seine Exekutivbefugnisse auszuschöpfen, um
       Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel zu erzielen.
       
       ## Extreme Hitze am Mittwoch in Europa
       
       Deutschland und anderen europäischen Ländern steht am Mittwoch weitere
       [1][extreme Hitze] bevor. Nachdem am Dienstag am bislang heißesten Tag des
       Jahres im Duisburger Stadtteil Baerl mit 39,5 Grad Celsius die
       deutschlandweite Höchsttemperatur gemessen wurde, warnte der Deutsche
       Wetterdienst (DWD) für Mittwoch vor ähnlichen Temperaturen weiter östlich.
       Zuvor hatte die derzeitige Hitzewelle Großbritannien erstmals seit Beginn
       der Messungen Temperaturen von mehr als 40 Grad gebracht.
       
       In Deutschland wurden am Dienstag nach Angaben des DWD in vielen Orten vor
       allem in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen Temperaturen von über 38
       Grad erreicht. In Niedersachsen könnten am Mittwoch weitere
       Temperaturrekorde gebrochen werden. Der Schwerpunkt der Hitze verlagere
       sich am Mitwoch weiter ostwärts, wo dann ähnlich hohe Temperaturwerte
       auftreten können, erklärte der DWD.
       
       [2][Temperaturen von mehr als 40 Grad] wurden am Dienstag in Großbritannien
       gemessen – eine historische Premiere. In Coningsby im Osten Englands
       erreichten die Temperaturen nach Angaben der nationalen Wetterbehörde 40,3
       Grad. Die Hitze führte unter anderem zu Problemen im Bahnverkehr. Am
       Londoner Bahnhof Kings Cross wurden alle Züge gestrichen.
       
       Nach Hitzerekorden in 64 Gemeinden im Westen Frankreichs konnten die
       Menschen an der Atlantikküste unterdessen etwas aufatmen. Angesichts
       sinkender Temperaturen hob der Wetterdienst die höchste Hitze-Warnstufe für
       15 Départements wieder auf. Dafür warnte er vor Temperaturen von bis zu 40
       Grad im Osten des Landes.
       
       ## Waldbrände wüten in Südeuropa
       
       Keine Entwarnung gab es bei zwei Großbränden im westfranzösischen
       Département Gironde, die seit Tagen in der Nähe von Bordeaux wüten. Auch in
       Spanien und Portugal kämpften tausende Feuerwehrleute weiter gegen mehrere
       Waldbrände. Die griechischen Behörden meldeten derweil 39 neue Brandherde
       binnen 24 Stunden. Wegen eines mächtigen Feuers wurden fast zehn Dörfer
       nördlich von Athen evakuiert.
       
       Nach einem leichten Rückgang der extremen Hitze in Portugal dürften die
       Temperaturen wieder steigen. In Portugal hat die Hitze bislang mehr als
       1.000 Tote gefordert. Bis zum 18. Juli seien 1.063 Menschen an den Folgen
       der derzeitigen Hitzewelle gestorben, sagte die Chefin der portugiesischen
       Gesundheitsbehörde, Graca Freitas. Portugal zähle zu den Gebieten in der
       Welt, die stärker als andere von extremer Hitze betroffen sein dürften. Das
       Land müsse sich in Zukunft auf Phasen mit höheren Temperaturen besser
       vorbereiten. Die Temperatur im Land war in der vergangenen Woche auf über
       40 Grad Celsius gestiegen.
       
       Experten warnen, wegen des Klimawandels dürften solche Hitzewellen künftig
       zur Normalität gehören. Hitzewellen würden häufiger vorkommen, und dieser
       „negative Trend“ dürfte „mindestens bis in die 2060er Jahre“ andauern,
       sagte der Chef der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), Petteri Taalas,
       in Genf. „In Zukunft werden solche Hitzewellen normal sein, und wir werden
       sogar stärkere Extreme sehen.“
       
       ## DGB fordert mehr Schutz für Beschäftigte
       
       Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat die Arbeitgeber aufgefordert,
       angesichts der anhaltenden Hitze ihre Mitarbeiter besser zu schützen.
       DGB-Vorstandmitglied Anja Piel sagte der Düsseldorfer Rheinischen Post, zu
       viele Arbeitgeber würden die vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung und
       passgenaue Schutzmaßnahmen unterlassen. „In heißen Sommern wird genau das
       zum Risiko für viele Beschäftigte.“
       
       Arbeit bei Hitze sei ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko, betonte Piel.
       „Das gilt insbesondere für Arbeiten im Freien in der Sonne, aber auch in zu
       warmen Büros.“ Da Hitzeperioden in Zukunft keine Seltenheit mehr seien,
       müssten Arbeitgeber jetzt mit den Betriebsräten wirksame Vereinbarungen
       treffen.
       
       So könnten etwa besonders belastende Arbeiten auf kühlere Morgen- oder
       Abendstunden verlegt werden, sagte das DGB-Vorstandmitglied.
       „Kleidungsvorschriften in Büros können gelockert und mehr Pausen ermöglicht
       werden.“ Der [3][Arbeitsschutz böte Leitplanken], aber auch notwendige
       Flexibilität für individuelle Lösungen in den Betrieben. „Es fehlt nicht am
       rechtlichen Rahmen, sondern eher an der Rechtsdurchsetzung“, sagte Piel.
       
       20 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Forscherin-ueber-Hitze-und-Klima/!5864984
   DIR [2] /Hitzewelle-in-Europa/!5865654
   DIR [3] /Arbeiten-bei-Rekordhitze/!5869192
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Klima
   DIR Hitze
   DIR US-Demokraten
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Bauwirtschaft
   DIR Rekordhitze
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bidens Klimapolitik: Die Demokraten sind das Problem
       
       Die Demokratische Partei untergräbt seit Jahren eine effektive
       Klimapolitik. Biden hätte die Macht das zu ändern, doch der Wille scheint
       zu fehlen.
       
   DIR Ungleichheit bei Treibhausgas-Emissionen: CO2-Ausgleichseis für heiße Tage!
       
       Ärmere Menschen verursachen weniger CO2-Ausstoß als Wohlhabende, leiden
       aber mehr unter der Klimakrise. Es ist Zeit für einen Ausgleich.
       
   DIR Klimaresiliente Stadtgestaltung: Heiße Betonwüsten
       
       Bauministerin Klara Geywitz will Städte dabei unterstützen, sich vor
       Extremwetter zu schützen. Dafür nimmt ihr Ministerium auch Geld in die
       Hand.
       
   DIR Arbeiten bei Rekordhitze: Die Fenster besser geöffnet lassen
       
       Hitzefrei, Homeoffice und feuchte Handtücher: Welche Rechte gelten, was
       hilft bei den Temperaturen? Fragen und Antworten zum Umgang in diesem
       Sommer.