URI: 
       # taz.de -- Untersuchungsausschuss zu Lübcke-Mord: Noch mehr Ungereimtheiten
       
       > 2015 sperrte Hessens Verfassungsschutz die Akte von Stephan Ernst.
       > Interner Widerstand dagegen wurde offenbar übergangen.
       
   IMG Bild: Akten vom Untersuchungsausschuss zum Mordfall an Walter Lübcke
       
       Wiesbaden taz | Eine gute Stunde lang suchten die Abgeordneten der
       CDU-Fraktion im hessischen Landtag nach Widersprüchen in der Aussage der
       ehemaligen Mitarbeiterin des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz.
       Doch die Zeugin, die am Mittwoch vor den [1][Untersuchungsausschuss zum
       Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke] geladen war, blieb dabei: Als sie 2015
       an der Entscheidung beteiligt war, die Akte des späteren [2][Lübcke-Mörders
       Stephan Ernst] zu sperren, habe sie ein Kollege auf den Vorgang
       angesprochen. Der Kollege sei „sehr verärgert“ gewesen, weil er diesen
       Schritt für falsch hielt.
       
       Sie habe diese Bedenken in einem Vermerk festgehalten und eine Prüfung
       verlangt, so die Zeugin weiter. Immerhin hatte im Jahr 2009 der damalige
       Präsident des Landesamts den rechtsextremistischen Gewalttäter als
       „brandgefährlich“ bezeichnet. Diese Einschätzung sei ihr damals bekannt
       gewesen, versichert die Zeugin. „Das war kein Standardfall“, sagt sie.
       
       Am Ende wurde die Akte von Stephan Ernst trotzdem gesperrt, trotz seiner
       Verurteilungen wegen einer Messerattacke auf einen Imam und einem
       Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft. Von diesem Zeitpunkt an waren
       die Daten von Ernst für die Sicherheitsbehörden nicht mehr zugänglich, bis
       zur Ermordung von Lübcke. Dem Kollegen, der sich damals über die Sperrung
       der Akte geärgert hatte, habe sie nach diesem Mord gesagt: „Du hattest den
       richtigen Riecher“, so die Zeugin am Mittwoch im hessischen Landtag.
       
       ## Ein weiteres Versäumnis des Verfassungsschutzes
       
       Dass die Sperrung der Akte Ernst ein Fehler war, hat der Leiter der
       Rechtsabteilung des hessischen Innenministerium, Wilhelm Kanther, als Zeuge
       vor dem Ausschuss bereits eingeräumt. Angesichts der Vorstrafen und der
       offenkundigen Gewaltbereitschaft des Rechtsextremisten hätte er auf dem
       Schirm der Sicherheitsbehörden bleiben müssen. Nach der Aussage der Zeugin
       hat es wohl vor der Entscheidung intern Bedenken im Landesamt gegeben, die
       offenbar übergangen wurden.
       
       Doch wieso ist der Vermerk unauffindbar, den die Sachbearbeiterin verfasst
       haben will, fragen die Abgeordneten von SPD und Linken. Sie vermuten einen
       weiteren Skandal in der langen Liste der Versäumnisse des hessischen
       Verfassungsschutzes.
       
       Sie werden wohl in einer zweiten Runde alle LfV-MitarbeiterInnen erneut als
       ZeugInnen vorladen, die mit dem Vorgang befasst waren.
       
       20 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ausschuss-zum-Mordfall-Walter-Luebcke/!5819598
   DIR [2] /Drei-Jahre-Mord-an-Walter-Luebcke/!5855189
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
   DIR Stephan Ernst
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Verfassungsschutz
   DIR Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
   DIR Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
   DIR Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
   DIR Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
   DIR Schwerpunkt AfD
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Rechter Anschlag auf CDU-Politiker: Urteil gegen Lübcke-Mörder bestätigt
       
       Der Bundesgerichtshof verwarf alle Revisionen gegen das Urteil zum Mord an
       Walter Lübcke. Auch der Teilfreispruch für Ernsts Kumpel Markus H. bleibt.
       
   DIR Rechtsextremer Mord an CDU-Politiker: Lübcke-Urteil rechtskräftig
       
       Der Bundesgerichtshof bestätigt, dass Stephan Ernst für den Mord an Walter
       Lübcke lebenslang in Haft muss. Auch das Urteil gegen Markus H. bleibt
       bestehen.
       
   DIR Verhandlung am BGH zum Mordfall Lübcke: Freisprüche im Prozess wackeln
       
       ​Nach dem Mord an Walter Lübcke gab es eine Verurteilung und zwei
       Freisprüche. Der Bundesgerichtshof prüft diese Entscheidungen.
       
   DIR Revisionsverhandlung zu Mordurteil: Der lange Kampf der Familie Lübcke
       
       Ab Donnerstag verhandelt der Bundesgerichtshof über die Revisionen zum
       Mordurteil im Fall Walter Lübcke. Seine Familie hofft auf einen neuen
       Prozess.
       
   DIR Drei Jahre Mord an Walter Lübcke: Ein verklungener Aufschrei
       
       Der Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke bleibt ein Fanal, eine Zäsur war er
       nicht. Die Gefahr des Rechtsextremismus ist längst nicht gebannt.
       
   DIR Tatwaffe im Mordfall Walter Lübcke: Waffenlieferung bleibt unaufgeklärt
       
       Ein Rentner, der dem Lübcke-Mörder die Tatwaffe verkauft haben soll, wird
       freigesprochen. Wo die Waffe sonst hergekommen sein könnte, bleibt offen.
       
   DIR Ausschuss zum Mordfall Walter Lübcke: Schwarz-Grün verlässt sich auf die AfD
       
       Im Untersuchungsausschuss stimmten CDU und Grüne mit der AfD gegen die
       Opposition. Eine Zeugin soll in einer geheimen Sitzung aussagen.