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       # taz.de -- Sport fördern oder Natur schützen: Bolzen statt Naturschutz
       
       > Der FC St. Pauli baut sein Trainingsgelände aus. Sportplätze sollen
       > ausgerechnet im Überschwemmungsgebiet entstehen. Linksfraktion und BUND
       > warnen.
       
   IMG Bild: Irgendwo müssen die St. Pauli-Kicker ja trainieren – aber unbedingt im Überschwemmungsgebiet?
       
       Hamburg taz | Der [1][FC St. Pauli braucht mehr Platz] und will deshalb
       sein Trainingsgelände am westlichen Rand von Hamburg, im Stadtteil
       Niendorf, deutlich vergrößern. Empörung würde das nicht verursachen,
       müssten dafür nicht andere Sportvereine weichen – und sollen die
       zusätzlichen Sportplätze nicht mitten in einem Überschwemmungsgebiet mit
       ihrer natürlichen Vegetation entstehen. Die Linksfraktion in der
       Hamburgischen Bürgerschaft und der BUND sind deshalb sauer.
       
       Die Trainingsplätze sollen nach Willen des Vereins und der Stadt an der
       Kollaustraße entstehen. Andere Vereine, darunter die Baseballer:innen
       der Hamburg Stealers, sollen für das Vorhaben weichen und künftig
       andernorts trainieren.
       
       Zudem sollen zwei der vier neuen Trainingsplätze mitten im
       Überschwemmungsgebiet der Kollau gebaut werden. Solche Flächen gibt es an
       Hamburger Fließgewässern dort, wo ein erhebliches Hochwasserrisiko besteht.
       Diese Uferflächen mit ihrer natürlichen Vegetation können bei
       Binnenhochwasser überschwemmt werden oder große Wassermassen nach
       Starkregen aufnehmen.
       
       „Überschwemmungsgebiete sind mit besonderer Sorgfalt zu behandeln“, sagt
       Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Tatsächlich
       gelten für solche Flächen bauliche Einschränkungen, der Hochwasserschutz
       darf nicht gefährdet werden. Die Stadt ignoriere die Umweltrisiken, ist
       Jersch überzeugt.
       
       ## Immerhin Naturrasenplätze geplant
       
       In der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage Jerschs heißt es, es
       seien mehrere Standorte geprüft worden. Berechnungen hätten zudem gezeigt,
       dass die Nutzung der Fläche für den Sport das Retentionsvolumen, also die
       Kapazitäten zum Auffangen großer Wassermengen, nicht beeinträchtige. Da die
       Flächen an der Kollaustraße eine „gewachsene und traditionelle Nähe zur
       Vereinsidentität“ hätten, werde das Ziel verfolgt, den Ausbau wie geplant
       zu realisieren.
       
       Christiane Blömeke, Vorsitzende des BUND Hamburg, zeigt sich der taz
       gegenüber empört: „Wir können nicht die Vereinsidentität höherwertig sehen
       als den Arten- und Naturschutz und die Funktion eines
       Überschwemmungsgebiets“. Es müssten ernsthaft alternative Standorte geprüft
       werden.
       
       Blömeke und Jersch ärgert, dass der Senat in seiner Antwort nicht
       preisgibt, welche Alternativen mit welchem Ergebnis geprüft worden sind.
       Das für das Bebauungsplanverfahren zuständige Bezirksamt Eimsbüttel teilt
       auf Anfrage mit, das Vorhaben werde nach aktuellem Stand als „grundsätzlich
       realisierbar“ eingeschätzt.
       
       Welche Auswirkungen die Sportflächen darüber hinaus auf das
       Überschwemmungsgebiet haben können, wird laut Senat derzeit geprüft.
       [2][Der FC St. Pauli teilt mit], dass die Plätze als Naturrasenplätze
       gebaut werden sollen. So kann immerhin verhindert werden, dass Schadstoffe,
       etwa durch den Abrieb von Kunstrasen, in das Gewässer gelangen.
       
       ## Immerhin keine Kunstrasenplätze
       
       Naturrasenplätze seien zwar verträglicher als Kunstrasenplätze, so
       Umweltschützerin Blömeke, „trotzdem ist es ein verkehrter Schritt, in
       Überschwemmungsgebieten Bautätigkeiten jeglicher Art vorzunehmen.“ Das sei
       auch immer ein Eingriff in den dortigen Naturhaushalt mit seiner Fluss- und
       Tierwelt.
       
       In die Diskussion platzten jetzt auch die Ergebnisse einer
       Hochwassersimulation vom Landesbetrieb Gewässer und der Umweltbehörde.
       Dafür wurden die [3][Niederschlagsdaten des Extremwetterereignisses im
       Ahrtal] vom Juli 2021 anhand von Computermodellen auf Hamburger Gewässer
       übertragen. Im Gebiet der sieben Kilometer langen Kollau würden bei ähnlich
       hohen Niederschlagsmengen rund 33 Hektar zusätzliche Flächen unter Wasser
       stehen, als in bisherigen Szenarien angenommen.
       
       Wegen einer anderen Geländebeschaffenheit der in Hamburg untersuchten
       Gebiete sei jedoch eine „weniger ausgeprägte Hochwasserdynamik mit
       geringeren Fließgeschwindigkeiten zu erwarten“, heißt es in einer
       Mitteilung der Umweltbehörde. Christiane Blömeke fordert, die Simulation
       vor dem Hintergrund der Gefahren des Klimawandels ernstzunehmen. „Der Senat
       setzt das falsche Zeichen, wenn er den Bau von Sportplätzen im
       Überschwemmungsgebiet nicht nur bewilligt, sondern sogar zur Chefsache
       macht.“
       
       26 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Simeon Laux
       
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