# taz.de -- Nach Vereidigung des Präsidenten: Protestcamp in Sri Lanka geräumt
> Sri Lankas neuer Präsident Wickremesinghe lässt Polizei und Militär
> gewaltsam gegen die Protestbewegung vorgehen. Die will aber nicht
> aufgeben.
IMG Bild: Soldaten räumten am Donnerstag das Protestcamp vor dem Präsidialamt in Colombo
Colombo taz | Die ersten Amtshandlungen von Sri Lankas neuem Präsidenten
[1][Ranil Wickremesinghe] kamen überraschend und werden folgenreich sein.
Erst am Donnerstag wurde der 73-Jährige im Parlament als Nachfolger des
geflohenen [2][Gotabaya Rajapaksa] vereidigt. In der Bevölkerung scheint er
jedoch nicht bei allen beliebt zu sein. Die Protestierenden in Sri Lankas
Hauptstadt sehen in ihm vielmehr einen Verbündeten des Hardliners
Rajapaksa.
Dass am Freitag Polizei- und Militärkräfte gegen die zahlenmäßig
unterlegenen Demonstrant:innen eingesetzt wurden, dürfte die Situation
nicht entspannen. Am frühen Morgen wurden ihre Zelte teils zerstört und der
Küstenstreifen, an dem sich das Hauptprotestlager befindet, wurde mit
Barrikaden abgeriegelt. Von der Räumung waren auch Lager von Menschen mit
Behinderung und der LGBTQ-Gemeinschaft betroffen.
„Wir lassen uns nicht einschüchtern“, sagte eine trans Frau im Interview
mit dem lokalen Fernsehsender News 1st wütend. „Das ist ein Angriff auf
friedliche Demonstranten, und sie machen keinen Halt vor Journalisten“,
fügt sie hinzu. Die Zeltstadt „Gota Go Gama“ steht noch, doch einige Köpfe
hinter der [3][Protestbewegung] Aragalaya sind verhaftet worden.
Die Bewegung sieht die Krise als Chance für Reformen, damit die politische
Macht nicht länger in den Händen des Präsidenten konzentriert ist. Ihr
erstes Ziel war daher der Rücktritt von Rajapaksa, der die Institutionen
weiter schwächte. Viele geben seiner Regierung zudem eine Mitschuld an der
Wirtschaftskrise. Die zweite Forderung lautet, dass Ranil Wickremesinghe,
der im Mai schon zum Premier ernannt wurde, sein hohes politisches Amt
aufgeben soll.
Stattdessen konnte er jedoch seine Macht mit der Vereidigung als Präsident
ausbauen. Seitdem war die Stimmung im Camp getrübt. Die Protestierenden
willigten ein, das Präsidialbüro und seine Umgebung bis Freitagnachmittag
zu räumen, sagt Harinda Fonseka der taz. Doch so weit kam es nicht.
„Deshalb waren wir verblüfft und überrascht“, wie hart die Behörden Stunden
davor durchgriffen, erläutert der 38-Jährige.
Beobachter schließen nicht aus, dass die jüngsten Unruhen Gespräche mit dem
IWF beeinträchtigen könnten. „Wir sind zutiefst besorgt über das gewaltsame
Vorgehen gegen Protestierende in Galle Face mitten in der Nacht“, äußerte
sich die US-Botschafterin in Colombo, Julie Chung. Auch die Anwaltskammer
von Sri Lanka verurteilte die Räumung. „Es ist ein schwarzer Tag für das
Land. Es ist eine Schande, dass die Angriffe am ersten Amtstag des neuen
Präsidenten geschehen“, sagte deren Präsident Saliya Pieris.
22 Jul 2022
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## AUTOREN
DIR Natalie Mayroth
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