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       # taz.de -- Aktuelle Lage in der Ukraine: Schrittweise Rückeroberung
       
       > Die Ukraine zerstört mithilfe von US-Raketenwerfen russische
       > Munitionsdepots im Süden. Dem Land steht eine wichtige Woche im Krieg
       > bevor.
       
   IMG Bild: Das Kulturhaus in der ukrainischen Stadt Tschuhujiw wurde am Montag von russischen Raketen beschossen
       
       BERLIN taz | Die ukrainischen Bemühungen zur Rückeroberung der von Russland
       besetzten Gebiete im Süden des Landes nehmen Gestalt an. „Schritt für
       Schritt“ würden die ukrainischen Streitkräfte im südlichen Distrikt
       [1][Cherson] vorrücken, sagte Präsident Wolodimir Selenski am Samstagabend.
       Am Sonntagabend ergänzte er, vor der Ukraine liege eine „wichtige Woche“ im
       Krieg und das Land werde seinen Nationalfeiertag am Donnerstag, dem 28.
       Juli „festlich“ begehen.
       
       Der Süden der Ukraine ist sehr flach und offen. Militärexperten zufolge
       wären massive Vorstöße von Bodentruppen dort deshalb wenig praktikabel. Die
       ukrainischen Streitkräfte setzen daher auf den Einsatz der von den USA
       Anfang Juni gelieferten Mehrfachraketenwerfer des Typs Himars (High
       Mobility Artillery Rocket System).
       
       Diese tragen Präzisionswaffen mit einer Reichweite von 80 Kilometern hinter
       die russischen Linien und schneiden die russischen Truppen von ihrer
       Versorgung ab. Ihr Einsatz mache „den entscheidenden Unterschied“, sagte
       der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow vergangene Woche.
       Die USA kündigten daraufhin an, die Zahl der Himars-Systeme in der Ukraine
       von 12 auf 16 aufzustocken.
       
       Im Distrikt Cherson habe man nun die „Feuerkontrolle“ über die
       Nachschubwege der russischen Truppen erreicht, erklärte die ukrainische
       Armeesprecherin Natalia Humeniuk in der englischsprachigen Ausgabe der
       Zeitung Ukrainska Pravda am Dienstag. Verteidigungsminister Resnikow
       ergänzte, man habe mit US-Präzisionsraketen mittlerweile 50 russische
       Munitionsdepots zerstört. „Das unterbricht deren Nachschubketten und nimmt
       ihnen die Fähigkeit, Kämpfe aktiv zu führen und unsere Kräfte unter
       schweres Artilleriefeuer zu nehmen“, sagte er im ukrainischen Fernsehen.
       
       Die drei Brücken in die Stadt Cherson am [2][Dnipro-Fluss] sind
       mittlerweile durch ukrainischen Beschuss teils zerstört und nur noch für
       leichte Fahrzeuge befahrbar, wie zahlreiche Fotoaufnahmen belegen. Weiter
       östlich wurde am Wochenende durch ukrainischen Beschuss die Flugpiste der
       russisch besetzten Stadt [3][Melitopol] zerstört sowie Bahngleise in
       Novobohdanivka 30 Kilometer weiter nördlich, einer der wichtigsten
       Eisenbahnknotenpunkte der Südukraine.
       
       Materialprobleme in russischer Armee 
       
       Am nördlichsten Ende des russisch besetzten Teils des Distrikts Cherson
       sollen rund 1.000 russische Soldaten eingekesselt sein. Es häufen sich
       Berichte über erneut zunehmende massive Personal- und Materialprobleme der
       russischen Streitkräfte, deren Verluste weit höher sind als die der
       ukrainischen Verteidiger.
       
       Als Reaktion hat Russland eine erneute Ausweitung der russischen
       Kriegsziele angekündigt. Zu Kriegsbeginn hatte Russland noch Kiew
       blitzartig erobern wollen; nach dem Scheitern dieses Versuchs konzentrierte
       es sich auf den Donbass. Nun steht eine erneute Ausweitung im Raum. Am 20.
       Juli sagte Außenminister Sergei Lawrow in Moskau, es gehe neben dem Osten
       und Süden der Ukraine nun auch um „eine Reihe anderer Gebiete“. Der Chef
       des Nationalen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, drohte kurz darauf sogar
       ein „Verschwinden“ der Ukraine insgesamt an.
       
       Am Sonntag bekräftigte Lawrow in Kairo, Russland wolle in der Ukraine einen
       Regierungswechsel: Man wolle den Ukrainern helfen, „sich von der Last
       dieses absolut inakzeptablen Regimes zu befreien“. Er fügte hinzu: „Der
       Westen besteht darauf, dass die Ukraine keine Verhandlungen beginnen darf,
       bis Russland auf dem Schlachtfeld besiegt ist.“ Am 20. Juli hatte er noch
       das Gegenteil gesagt: Friedensgespräche mit der Ukraine hätten „zum
       jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn“.
       
       25 Jul 2022
       
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