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       # taz.de -- Israel-Palästina-Konflikt: Raketen auf Gaza, Hamas in Deckung
       
       > Bei einer israelischen Militäraktion gegen den Islamischen Dschihad
       > sterben in Gaza 30 Menschen. Es sind die schwersten Kämpfe seit einem
       > Jahr.
       
   IMG Bild: Am 07. August in Rafah in Gaza: Ruinen des Gebäudes, in dem der Anführer der PIJ getötet wurde
       
       Tel Aviv taz | Im Rahmen der Militäraktion „Morgengrauen“ fliegt Israel
       [1][seit Freitag Luftangriffe auf Ziele im Gazastreifen]. Dabei wurden zwei
       ranghohe Militärs des Islamischen Dschihad getötet: Am Sonntag Khaled
       Mansour, der den Süden Gazas anführte, und [2][bereits am Freitag Taisir
       al-Jabari], Kommandant des nördlichen Gazastreifens. Der Islamische
       Dschihad ist nach der im Gazastreifen herrschenden Hamas die zweitstärkste
       militante Gruppe in den Palästinensergebieten. Insgesamt seien rund 140
       Ziele des Islamischen Dschihad in der Küstenenklave angegriffen worden.
       Darunter war auch ein Tunnel, von dem aus die Organisation Angriffe
       durchführt, außerdem Beobachtungsposten und militärische Einrichtungen.
       
       Kurz nach der Beerdigung al-Jabaris am Freitagabend antwortete der
       Islamische Dschihad mit massivem Raketenbeschuss auf israelisches Gebiet.
       Besonders der Süden Israels wurde beschossen, doch auch in Tel Aviv und in
       Jerusalem tönte der Luftalarm. Mehr als 500 Raketen seien bislang laut
       israelischem Militär abgeschossen worden, ein Großteil von ihnen wurde vom
       israelischen Abwehrsystem Eiserne Kuppel abgefangen.
       
       Auf israelischer Seite gab es laut dem israelischen Rettungsdienst bisher
       15 Verletzte. Das Gesundheitsministerium in Gaza meldete, dass 31
       Palästinenser:innen bei den Angriffen getötet worden sind, unter
       ihnen sechs Kinder. Mehr als 260 Personen seien verletzt worden. Laut dem
       israelischen Militär sind allerdings 120 der abgeschossenen Raketen des
       Islamischen Dschihad im Gazastreifen gelandet und hätten dort mindestens
       sieben Palästinenser:innen getötet.
       
       Anders als im vergangenen Jahr waren in dieser Runde nicht
       Auseinandersetzungen um den Tempelberg und Jerusalem die Auslöser. Im
       vergangenen Mai hatte ein für viele Palästinenser:innen provokanter
       Flaggenmarsch von ultrazionistischen Israelis rund um die Altstadt
       Jerusalems, auch durch das arabische Viertel, einen elftägigen Krieg
       losgetreten. Diesmal war stattdessen die Festnahme eines ranghohen
       Kommandanten des Islamischen Dschihad im Westjordanland, Bassam al-Saadi,
       durch das israelische Militär der Auslöser.
       
       Der von den USA und der EU als Terrororganisation bezeichnete Islamische
       Dschihad hatte mit [3][Vergeltung gedroht]. Das israelische Militär sprach
       von einem Präventivschlag, und Ministerpräsident Yair Lapid von „konkreten
       Bedrohungen“ an der Grenze zum Gazastreifen: „Die israelische Regierung
       wird es Terrororganisationen nicht erlauben, die Agenda in den Ortschaften
       am Rande des Gazastreifens zu bestimmen und israelische Bürger zu
       bedrohen. Wer Israel angreifen will, muss wissen, dass wir zu ihm gelangen
       werden.“
       
       Die Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, hält sich in dieser Runde der
       Eskalation auffällig zurück. „Hamas dürfte aus dieser Runde als der große
       Gewinner hervorgehen“, meint Roni Shaked, Nahostexperte am
       Harry-S.-Truman-Institut für Friedensentwicklung in Jerusalem: „Gerade
       indem sie nicht mit einsteigt.“ Die palästinensische Zivilbevölkerung habe
       kein Interesse daran, in einen weiteren Krieg gezogen zu werden, so der
       Experte.
       
       Die Hamas ist nach dem vergangenen Krieg im Mai 2021 noch dabei, den
       Gazastreifen wieder aufzubauen. Dies aufs Spiel zu setzen, dürfte die
       ohnehin wackelige Beliebtheit der militanten Organisation erheblich
       mindern. Auch den Vorstoß der israelischen Regierung, die Anzahl der
       Arbeitserlaubnisse für Bewohner:innen des Gazastreifens in Israel auf
       14.000 anzuheben, wollen sie sich wohl nicht verspielen. Denn für den von
       Israel abgeriegelten Gazastreifen, in dem eine Arbeitslosigkeit von fast 50
       Prozent herrscht, machen diese Arbeitsvisa einen großen Unterschied.
       
       Die israelischen Einreisegenehmigungen ermöglichen es den Menschen aus dem
       [4][Gazastreifen], in Israel Arbeit zu suchen, wo sie in
       landwirtschaftlichen Betrieben und auf Baustellen weitaus höhere Löhne als
       in Gaza erhalten. Doch nicht nur die Gazaner:innen dürften der Hamas
       hoch anrechnen, sich nicht zu beteiligen. Auch im Verhältnis zu Israel
       gewinnt die Hamas mit ihrer Zurückhaltung an Einfluss – und Legitimität.
       
       Ägypten als Vermittler 
       
       Zu Redaktionsschluss hieß es, Israel und militante Palästinenser haben sich
       ägyptischen Sicherheitskreisen zufolge nach tagelangen schweren Kämpfen im
       Gazastreifen auf eine Waffenruhe geeinigt. Diese solle ab Sonntagabend in
       Kraft treten, sagte ein Vertreter des ägyptischen Sicherheitsapparates der
       Nachrichtenagentur Reuters. Sprecher der israelischen Regierung und des
       Islamischen Dschihad bestätigten dies zunächst nicht.
       
       Man stehe lediglich in Kontakt mit Kairo, hieß es. Ägyptische Vermittler
       hatten einen Waffenstillstand vorgeschlagen. Ein Waffenstillstand würde
       ermöglichen, dass Kraftstoff in den abgeriegelten Gazastreifen gelangen
       kann. Die Elektrizitätsversorgung sei laut Medienangaben zuletzt von 12
       Stunden pro Tag auf 4 Stunden gesunken.
       
       Die israelischen Luftangriffe im Gazastreifen sollen am Montag auch den
       UNO-Sicherheitsrat in New York beschäftigen. Das Treffen soll hinter
       verschlossenen Türen stattfinden.
       
       7 Aug 2022
       
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