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       # taz.de -- Queer-feministisches Camp auf Sylt: Bedroht mit Messer und Pistole
       
       > Queer-feministische Aktivist:innen haben in Westerland auf Sylt ein
       > Camp errichtet. Nun werden sie von Rechtsextremist:innen bedroht.
       
   IMG Bild: Kein gutes Pflaster für queer-feministische Aktivist:innen: Westerland auf Sylt
       
       Hamburg taz | Zwischen Sonne und Strand, Meer und Millionen, Genuss und
       Geschlecht: Seit Mittwoch wollen Aktivist:innen auf Sylt im Camp für
       Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans* und agender Personen
       ([1][FLINTA]) den bestehenden Verhältnissen eine antikapitalistische,
       feministische und queere Perspektive entgegensetzen. Das erzählt der
       Aktivist Ronny, der nicht mit seinem richtigen Namen in der Zeitung genannt
       werden möchte.
       
       Schon am ersten Tag haben die etwa 50 Teilnehmer:innen im Camp an der
       St.-Nicolai-Kirche in Westerland aber einen Selbstschutz organisiert – denn
       Rechtsextreme bedrohten das Camp, erzählen die Aktivist:innen. Am Sonntag
       eskalierte die Situation.
       
       Am Haupteingang des Camps war am frühen Sonntagmorgen gegen halb fünf ein
       Mann erschienen. Der Mann – ohne auffällige rechtsextreme Kleidung oder
       Tattoos – begann mit einer Nachtwache ein Streitgespräch, berichtet Ronny.
       „Er wirkte wirr“, sagt die Aktivistin Armilla Brandt, die auch bei der
       Nachtwache war, der taz. Auch sie benutzt ein Pseudonym. „Er behauptete,
       auf [2][Sylt] gebe es keine [3][Nazis], sprach aber im gleichen Satz noch
       davon, seine Nazifreunde zu holen“, erzählt Brandt.
       
       Nachdem sie betont habe, dass es sehr wohl Nazis auf Sylt gebe, habe der
       Mann ein Messer herausgeholt und sie bedroht. „Er hielt mir die
       Klingenspitze ins Gesicht. Diese Messerbedrohung erschüttert mich immer
       noch“, erzählt sie. Wenig später habe der Mann sie erneut bedroht – mit
       einer Pistole.
       
       Denn nachdem sie den Mann beim ersten Angriff zurückdrängen konnte, fuhr er
       mit dem Fahrrad weg, drohte jedoch, seine Waffe zu holen, um Brandt „zu
       erschießen“, sagt Ronny. Wenige Minuten später war der Mann zurück, lief
       durch das Camp mit einer Pistole, bedrohte Aktivist:innen und suchte
       „das Großmaul“. Damit habe er wohl Brandt gemeint.
       
       Die zuvor gerufene Polizei schritt ein und setzte den Mann gewaltsam fest.
       Bei der Festnahme bedrohte er auch die Polizist:innen. „Der Schreck sitzt
       tief“, sagt Brandt offen. Mit so einer konkreten Bedrohung habe sie nicht
       gerechnet. Sie wollte das FLINTA-Camp fotografisch begleiten.
       
       Die Waffe könnte eine modifizierte Luftpistole gewesen sein, mutmaßt Brand,
       mit 7,5 Joule und Diabolo-Patronen. Nach dem Waffengesetz sind diese
       Patronen Geschosse, keine Munition. Sie werden unter anderem bei der
       Schädlingsbekämpfung verwendet. „Diese Handfeuerwaffe kann durchaus tödlich
       sein“, sagt Brandt.
       
       „Den Einsatz gegen einen Mann mit einer Luftpistole kann ich bestätigen“,
       sagt ein Sprecher der zuständigen Polizei Flensburg gegenüber der taz. Der
       festgesetzte Mann lebe auf der Insel und sei stark alkoholisiert gewesen,
       so der Sprecher weiter. Nach den polizeilichen Maßnahmen habe er wieder
       gehen dürfen.
       
       Brandt berichtete vor der Eskalation [4][bei Twitter] auch von anderen
       Vorfällen. „Seit heute früh wird das Camp der jungen Aktivist*innen von
       Neonazis ausgespäht und beobachtet. Außerdem patrouillieren die Faschisten
       in der gesamten Innenstadt sowie am Bahnhof in Westerland“, schrieb sie in
       der Nacht von Donnerstag auf Freitag. „Immer mehr Faschowägen unterwegs“,
       twitterte sie in der Nacht auf Samstag.
       
       Auch Ronny erzählt von Patrouillen durch die Innenstadt. Der Aktivist geht
       von rund 50 Rechtsextremen aus, die die Menschen in ihren Zelten bedrohen
       und angreifen könnten. Einzelne Rechtsextreme ordnet er der „Division
       Baden“ zu. Es seien aber auch welche aus Hamburg und Sachsen angereist –
       „zum Zeckenklatschen“, sagt Ronny.
       
       Trotz der Vorfälle gelang es den Aktivist:innen, mit Demonstrationen
       gegen Transphobie, sexualisierte Gewalt und Klassismus „Optionen zum
       normalen Leben“ aufzuzeigen, sagt Ronny. Anfeindungen gegen ihre
       Vorstellungen von Emanzipation und Diversität kämen auch aus anderen
       Milieus.
       
       9 Aug 2022
       
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