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       # taz.de -- Gehrhard Schröder: Ex-Kanzler bleibt SPDler
       
       > Die SPD-Schiedskommission lehnt Anträge auf Ausschluss von Gehrhard
       > Schröder in vollem Umfang ab. Erledigt ist der heikle Fall damit jedoch
       > nicht.
       
   IMG Bild: Viele SPDler*innen wollten den Altkanzler wegen seiner Putin-Nähe aus der Partei haben
       
       Karlsruhe taz | Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat mit seiner
       Russland-freundlichen Haltung [1][nicht gegen Grundsätze und Ordnung der
       SPD] verstoßen. Er wird daher nicht ausgeschlossen, ja, er wird nicht
       einmal gerügt. Das gab an diesem Montag die Schiedskommission des
       SPD-Unterbezirks Region Hannover bekannt. Gegen den Beschluss ist Berufung
       möglich. Der neunseitige Beschluss liegt der taz vor.
       
       Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben 17 Parteigliederungen vom
       Ortsverband Bochum-Schmechtingtal bis zum Unterbezirk Würzburg den
       Ausschluss des [2][Ex-Parteivorsitzenden und Ex-Bundeskanzlers gefordert.]
       Sie warfen Schröder die Verharmlosung des Angriffskrieges, die Freundschaft
       zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie seine Posten in russischen
       Energie-Unternehmen wie Gazprom und Rosneft vor.
       
       Die dreiköpfige Schiedskommission unter Vorsitz von Heiger Scholz
       (Sozial-Staatssekretär in der niedersächsischen Landesregierung) kam zum
       Schluss, dass Schröder weder die Ordnung noch die Grundsätze der Partei
       verletzt hat. Auf die Frage, ob Schröders Verhalten der Partei geschadet
       hat, kam es dann gar nicht mehr an.
       
       Gleich zu Beginn seiner Entscheidung stellte das Schiedsgericht fest: „Die
       SPD ist die deutsche Friedenspartei.“ Mit der Mitgliedschaft in der SPD sei
       es daher unvereinbar, den kriegerischen Überfall eines Staates auf einen
       anderen zu rechtfertigen. Das habe [3][Schröder aber auch nicht getan], so
       die Schiedskommission. Schon am Tag des russischen Einmarsches in die
       Ukraine habe Schröder erklärt, die „Sicherheitsinteressen Russlands
       rechtfertigen nicht den Einsatz militärischer Mittel“. Auch habe er den
       russischen Krieg als „Fehler“ bezeichnet. Es wäre zwar wünschenswert, wenn
       Schröder sich deutlicher distanzieren würde. Aber Schröders Äußerungen
       stünden nicht so weit außerhalb der Programmatik der SPD, dass die SPD
       diese nicht mehr ertragen müsste, so die Schiedsrichter:innen.
       
       Auch Schröders Freundschaft zu Putin verstoße nicht gegen die Grundsätze
       der SPD. „Der Bereich der persönlichen Freundschaftsbeziehungen gehört nach
       Auffassung der Schiedskommission zum höchstpersönlichen Bereich der
       Lebensgestaltung, so unverständlich oder wenig nachvollziehbar diese aus
       sozialdemokratischer Sicht auch sind.“ Zur bloßen Freundschaft müsse
       deshalb weiteres hinzukommen, um von einer Verletzung der Parteigrundsätze
       auszugehen, etwa dass Schröder den russischen Präsidenten in seinem
       kriegerischen Denken bestärkt. Derartiges sei aber „nicht erkennbar“, so
       das Schiedsgericht.
       
       ## „Wünschenswerter“ Rückzug
       
       Schließlich beanstandete die Schiedskommission auch nicht Schröders gut
       bezahlte Mitarbeit in den Gremien russischer Energieunternehmen. Im Mai
       hatte Schröder zwar angekündigt, seinen Aufsichtsratsposten bei Rosneft
       niederzulegen, die Schiedskommission stellte jedoch fest, dass Schröder
       laut seiner eigenen LinkedIn-Seite den Rückzug zum Zeitpunkt der mündlichen
       Verhandlung Mitte Juli noch nicht vollzogen hatte. Es wäre zwar
       „wünschenswert“ gewesen, so die Schiedskommission, dass Schröder sich aus
       solchen Gremien zurückzieht, er sei hierzu als Sozialdemokrat aber nicht
       verpflichtet. Üblicherweise könne die Parteiordnung nur durch aktives
       Verhalten verletzt werden, nicht durch bloßes Unterlassen. Schröder habe
       insofern auch keine „Garantenstellung“ und auch keine allgemeine
       „Schadensvermeidungspflicht“. Schröder treffe deshalb keine Pflicht, sich
       von den russischen Unternehmen zu distanzieren.
       
       Die Schiedskommission traf ihre Entscheidung aufgrund einer mündlichen
       Verhandlung Mitte Juli, bei der 14 der antragstellenden 17 SPD-Gliederungen
       vertreten waren. Gerhard Schröder hatte die Sitzung dagegen ignoriert. Er
       hatte auch weder einen Anwalt als Vertreter geschickt, noch schriftlich
       Stellung genommen.
       
       Gegen die Entscheidung der erstinstanzlichen Schiedskommission kann binnen
       zwei Wochen Berufung zur Bezirksschiedskommission des SPD-Bezirks Hannover
       eingelegt werden. Nach der mündlichen Verhandlung hatten viele beteiligte
       Orts- und Kreisverbände bereits Rechtsmittel angekündigt, sollte Schröder
       nicht ausgeschlossen werden.
       
       8 Aug 2022
       
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