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       # taz.de -- CDU-Generalsekretär zur A100: Konteroffensive gegen Klimaschutz
       
       > Der CDUler Stefan Evers verteidigt den Ausbau der A100 und redet von
       > einer „Klima-Autobahn“. Das ist ein gezielter Angriff auf den
       > Klimaschutz.
       
   IMG Bild: Die CDU würde sagen: A100 für die 1,5 °C!
       
       Berlin taz | Es ist zum Haareraufen: Da hat die Menschheit laut
       Weltklimarat nur noch wenige Jahre, um die Klimaerwärmung noch irgendwie
       auf 1,5 °C zu begrenzen – doch in Berlin plant der Bund, die Stadtautobahn
       A100 auszubauen. Wie wahnsinnig die Anhänger:innen des Projekts sind,
       hat am Montag der Berliner Generalsekretär der Autopartei CDU, Stefan
       Evers, unter Beweis gestellt. In einem Gastbeitrag im Tagesspiegel
       sinnierte dieser von einer „Klima-Autobahn“ und warf den Gegner:innen
       der A100 dann allen Ernstes vor, ideologisch verblendet zu sein.
       
       Evers’ Vorschlag für den geplanten [1][17. Abschnitt der A100] lautet, die
       Autobahn mit Solarpaneelen zu überdachen und mit Ladespuren für E-Autos
       auszustatten. So könne die A100 „einen echten Beitrag zur Lösung der
       Klimakrise leisten“, schreibt Evers – als könnten ein paar Solarpaneele,
       die auf bereits bestehenden Autobahnabschnitten ja tatsächlich keine
       schlechte Idee wären, die CO2-Bilanz des Monsterprojekts wieder in den
       grünen Bereich ziehen.
       
       Zur Erinnerung: Der geplante [2][17. Abschnitt der A100] sieht vor, die
       sechsspurige Autotrasse am Treptower Park über die Spree zu führen, dann
       unter dem Ostkreuz hindurchzubohren und schließlich, wieder obererdig, bis
       zur Storkower Straße durchzuschlagen.
       
       ## Angriff auf die Hegemonie der Klimabewegung
       
       Ein solches Projekt mit dem Verweis auf Klimaschutz zu rechtfertigen, ist
       so absurd, dass sich damit auseinanderzusetzen sinnlos erscheint. Evers’
       Vorstoß zu ignorieren würde jedoch die Gerissenheit der CDU unterschätzen,
       die eigentlich auf etwas ganz anderes aus ist als auf argumentativen
       Austausch. Es lohnt kaum zu argumentieren, dass neue Autobahnen natürlich
       zu mehr und nicht weniger Autoverkehr führen.
       
       Erneut zu schreiben, dass die A100 Szeneclubs und die Lebensqualität
       Tausender Anwohner:innen bedroht, pro Meter 200.000 Euro kosten soll
       oder dass auf der Fläche [3][8.800 Wohnungen für 22.000 Menschen] gebaut
       werden könnten, würde Evers’ Gerede nur zu einem validen Standpunkt
       verklären.
       
       Spannend an Evers’ Beitrag sind nicht seine Argumente, sondern dass Evers
       sein klimafeindliches Vorhaben in den Begriffen des Klimaschutzes verpackt.
       Denn dass inzwischen selbst Autobahnprojekte mit dem argumentativen
       Repertoire der Klimabewegung verteidigt werden, zeigt ja, dass die Bewegung
       in verkehrspolitischen Fragen eine Deutungshoheit erringen konnte. In den
       Begriffen des kommunistischen Theoretikers Antonio Gramsci ist es der
       Klimabewegung gelungen, eine „kulturelle Hegemonie“ aufzubauen.
       
       Evers’ Text zeigt aber auch, wie weit die Konteroffensive gegen diese
       Deutungshoheit inzwischen vorangeschritten ist. Denn dies ist die Kehrseite
       der Medaille: Weil sich inzwischen quer durch das politische Spektrum auf
       den Klimaschutz bezogen wird, können fossile
       Industrievertreter:innen wie Evers und seine CDU den Begriff bis in
       sein Negativ ausdehnen – wodurch er faktisch unbrauchbar wird. Das Argument
       des Klimaschutzes kann dann sogar dafür herangezogen werden, einen
       Autobahnausbau durchzuboxen.
       
       10 Aug 2022
       
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