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       # taz.de -- Debatte um Atomkraftwerke: Merz will Brennstäbe kaufen
       
       > CDU-Chef Merz fordert, neue Brennstäbe für drei Atomkraftwerke
       > beschaffen, damit diese länger laufen können. Der TÜV geht sogar noch
       > weiter.
       
   IMG Bild: Noch läuft es: AKW Isar 2
       
       Berlin dpa | CDU-Chef Friedrich Merz hat die Bundesregierung aufgefordert,
       umgehend neue Brennstäbe für die drei verbliebenen Atomkraftwerke in
       Deutschland zu beschaffen. „Die Bundesregierung muss sich jetzt um neue
       Brennstäbe bemühen“, sagte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es
       könne nicht nur ein vorübergehender [1][Streckbetrieb mit alten
       Brennstäben] aufrechterhalten werden. „Wir müssen einen Weiterbetrieb so
       lange ermöglichen, bis die Gefahr eines Engpasses beseitigt ist.“ Die Zeit
       zur Bestellung neuer Brennstäbe laufe davon. Wirtschaftsminister Robert
       Habeck (Grüne) müsse jetzt handeln, um eine Stromknappheit im Winter zu
       vermeiden.
       
       [2][Die drei letzten deutschen Meiler müssen eigentlich bis 31. Dezember
       abgeschaltet werden.] Beim Streckbetrieb würden die Kernkraftwerke zunächst
       gedrosselt, damit sie dann mit den vorhandenen Brennstäben auch über den
       Jahreswechsel hinaus betrieben werden können. Bundeskanzler Olaf Scholz
       (SPD) will vor Entscheidungen zunächst die Ergebnisse eines zweiten
       Stresstests zur Sicherheit der Stromversorgung abwarten, wie eine
       Regierungssprecherin am Montag gesagt hatte. Ergebnisse sollen in den
       nächsten Wochen vorliegen.
       
       Der Geschäftsführer des Tüv-Verbands, Joachim Bühler, hält sogar eine
       rasche Wiederinbetriebnahme der stillgelegten Kernkraftwerke Brokdorf
       (Schleswig-Holstein), Grohnde (Niedersachsen) und Gundremmingen C (Bayern)
       sicherheitstechnisch für machbar und unbedenklich. Er sagte der
       „Bild“-Zeitung, die Wiederinbetriebnahme der 2021 abgeschalteten Meiler
       wäre „keine Frage von Jahren, sondern eher von wenigen Monaten oder Wochen“
       – und vor allem eine Frage des politischen Willens. „Die drei Kraftwerke
       befinden sich nach unserer Überzeugung in einem sicherheitstechnischen
       Zustand, der es möglich machen würde, sie wieder ans Netz zu nehmen“, sagte
       Bühler.
       
       Grünen-Chefin Ricarda Lang bekräftigte im „Tagesspiegel“ (Mittwoch): „Eine
       Laufzeitverlängerung wird es mit uns nicht geben.“ Einen Streckbetrieb
       schloss sie aber nicht aus. „Wir machen jetzt nochmal den Stresstest beim
       Strom. Natürlich schauen wir uns die Ergebnisse an, aber Stand jetzt
       spricht nichts dafür“, sagte Lang.
       
       ## FDP will Laufzeit bis 2024 verlängern
       
       Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse hatte eine Verlängerung der
       Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke bis in das Frühjahr 2024 ins Spiel
       gebracht. Er fordert einen Gipfel im Kanzleramt. „Wie maximale Sicherheit
       gewährleistet werden kann und ob in Einzelfällen dafür auch kurzfristig
       neue Brennelemente benötigt werden, sollte die Bundesregierung in einem
       Kernenergiegipfel mit den Betreibern und Branchenverbänden klären“, sagte
       Kruse dem „Tagesspiegel“.
       
       Die Grüne Jugend bezeichnete die Debatte über eine Laufzeitverlängerung als
       „gefährliche Scheindebatte“. Sie helfe in der aktuellen Situation nicht,
       sagte Bundessprecher Timon Dzienus der dpa. Das Wirtschaftsministerium
       prüfe in einem zweiten, weiterreichenden Stresstest die
       Versorgungssicherheit beim Strom.
       
       „Stand jetzt ist diese gewährleistet. Diese Prüfung gilt es erst einmal
       abzuwarten. Grundsätzlich gilt aber: Eine Laufzeitverlängerung ist mit uns
       nicht zu machen“, sagte Dzienus. „Der Streckbetrieb ist nicht das
       Allheilmittel, als das es einige gerade darstellen: Er schafft nicht mehr
       Strom, sondern stellt nur dieselbe Menge Strom über einen längeren Zeitraum
       bereit.“
       
       Die Grünen-Landeschefs in Nordrhein-Westfalen, Yazgülü Zeybek und Tim
       Achtermeyer, sagte allerdings der „Bild“-Zeitung: „Die Option,
       Atomkraftwerke mit einer begrenzten längeren Laufzeit am Netz zu halten, um
       so einen Teil des Gases aus der Verstromung zu entnehmen und einzusparen,
       ist noch nicht vom Tisch. Wir beantworten diese Option aber entlang
       sicherheitsrelevanter Faktoren und nicht von Sympathie.“
       
       27 Jul 2022
       
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