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       # taz.de -- Umweltsenatorin schaltet das Licht ab: Die im Dunkeln sieht man nicht
       
       > Alles müssen sparen, nun geht die grüne Senatorin Bettina Jarasch voran.
       > Am Berliner Dom und fünf weiteren Objekten wird die Beleuchtung
       > eingestellt.
       
   IMG Bild: So könnte Berlin bald überall aussehen
       
       Berlin taz | Ein Sternenpark wird nicht gleich entstehen in der Mitte
       Berlins, aber ein paar Lux weniger werden es schon werden in der Nacht von
       Mittwoch auf Donnerstag. Nach und nach wird Berlins Umweltsenatorin Bettina
       Jarasch dem Dom, der Marienkirche, dem Lustgarten, dem Zeughaus, dem Alten
       Palais und dem Reiterstandbild Unter den Linden das Licht abdrehen.
       
       „Angesichts des Krieges gegen die Ukraine und der energiepolitischen
       Drohungen Russlands ist es wichtig, dass wir möglichst sorgsam mit unserer
       Energie umgehen“, [1][sagt Jarasch]. Einen „sichtbaren Beitrag“ wolle sie
       damit setzen, betont die Grüne, meint damit aber bestimmt einen
       „unsichtbaren Beitrag“. Aber wer will schon wortklauberisch sein in Zeiten
       der Zeitenwende.
       
       Klar, es geht ums Energiesparen. Wo andere bald den Gürtel enger schnallen
       müssen, kann der Senat ruhig auch die Stadt herunterdimmen. Die sechs Orte,
       mit denen Jarasch begonnen hat, sind erst der Anfang. Peu a peu sollen dann
       auch Siegessäule, Staatsoper, Deutsche Oper, Gedächtniskirche, Rotes
       Rathaus, Elefantentor und Eingang Zoo, das Jüdische Museum, die Ruine am
       Anhalter Bahnhof, die Amerika Gedenkbibliothek, das Schloss Charlottenburg
       und das Charlottenburger Tor folgen.
       
       All den Orten ist gemeinsam, dass Jarasch selbst am Lichtschalter drehen
       kann. Sie gehören zu etwa 200 Objekten, die in der Zuständigkeit der
       Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz
       angestrahlt werden. Dafür sind, wie die Verwaltung am Mittwoch mitteilte,
       etwa 1.400 Strahler im Einsatz.
       
       ## Keinen Überblick übers Licht
       
       Aber was ist mit dem Brandenburger Tor, das zuletzt öfter in den
       [2][ukrainischen Nationalfarben Blau-Gelb] angestrahlt war und in der Regie
       der Staatskanzlei liegt? Und was mit dem Humboldt Forum? Noch vor einigen
       Tagen hatte die Berliner Finanzverwaltung mitgeteilt, dass sie keinen
       Überblick darüber habe, wie viele Gebäude in der Stadt nachts angeleuchtet
       würden und wie viel das koste. Demnach erfasse die für die Verwaltung
       landeseigener Gebäude und Liegenschaften zuständige Berliner
       Immobilienmanagement (BIM) nicht, was wo wie lange angestrahlt wird.
       
       FDP-Fraktionschef Seabstaian Czaja, der die Anfrage gestellt hatte, auf die
       die Finanzverwaltung antwortete, zeigte sich überrascht. „Dass es keine
       Kostenaufstellung für die Beleuchtung öffentlicher Gebäude gibt, ist ein
       merkwürdiger Umstand“, sagte er der dpa. So lasse sich nicht herausfinden,
       wie viel Einsparpotenzial es bei den Energiekosten öffentlicher Gebäude
       gebe. „Dass es eine solche Übersicht nicht gibt, wirft außerdem die Frage
       auf, nach welchem Prinzip hier eine ernsthafte Kostenkalkulation für den
       Umgang mit Steuergeld stattfindet.“
       
       Tatsächlich hat die Finanzverwaltung auch keine Aufstellung über die Kosten
       der Illumination. Die Dauer der Beleuchtung werde witterungsbedingt und zum
       Teil über Dämmerungsschalter gesteuert, heißt es in der Antwort. „Deshalb
       liegen keine genauen Beleuchtungszeiten vor.“
       
       In der Umweltverwaltung scheint man allerdings eigene Kostenaufstellungen
       zu haben. „Die Stromkosten belaufen sich auf cirka 40.000 Euro pro Jahr“,
       heißt es in der Pressemitteilung von Umweltsenatorin Jarasch. Eine
       Kostenersparnis gebe es durch die Abschaltung vorerst zwar nicht, denn die
       Kosten dafür entsprächen etwa den eingesparten 40.000 Euro. Allerdings sei
       auch nicht nicht „die reine Wirtschaftlichkeit“ entscheidend für die
       Maßnahme gewesen, sondern ein „nennenswerter Energiespar-Effekt“. Die Rede
       ist von einem Stromverbrauch von 200.000 kWh pro Jahr
       
       ## Giffey will auch abschalten
       
       Ob das Rote Rathaus, dem die Grünen-Politikerin auch das Licht abdrehen
       will, dem Beispiel bald folgt? Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska
       Giffey (SPD) hält die Aktion, die auch schon Czaja vorgeschlagen hat, für
       sinnvoll. Bis Mitte August will der Senat darüber entscheiden und ein
       Konzept vorlegen, wie die Berliner Verwaltung zehn Prozent Energie
       einsparen kann.
       
       Mal sehen, ob dann ein sichtbarer oder eher unsichtbarer Beitrag dabei
       herauskommt. Oder um mit Bertolt Brecht aus der Dreigroschenoper zu
       sprechen: „Und man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man
       nicht.“
       
       27 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.berlin.de/sen/uvk/presse/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung.1230605.php
   DIR [2] /Brandenburger-Tor-in-Blau-Gelb/!5833923
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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