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       # taz.de -- +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Region Kiew unter Beschuss
       
       > Russland hat seine Angriffe verschärft und erstmals seit Wochen auch die
       > Regionen Kiew und Tschernihiw beschossen. Selenski will der EU mit Strom
       > aushelfen.
       
   IMG Bild: Rauch über Kiew nach russischen Luftangriffen am Donnerstag
       
       ## Bundeswehr liefert ABC-Abwehrpaket
       
       Die Bundeswehr liefert den ukrainischen Streitkräften Fahrzeuge und
       Ausrüstung zur Beseitigung von atomaren, biologischen oder chemischen
       Kampfstoffen. „Ich habe entschieden, jetzt auch ein deutsches
       ABC-Abwehrpaket zu liefern“, teilt Verteidigungsministerin Christine
       Lambrecht mit. „Das Paket im Wert von über 860.000 Euro umfasse Systeme vom
       Typ HEP70, zu dem sechs Fahrzeuge mit kompletter
       Dekontaminierungs-Ausstattung gehörten. Die Ausbildung ukrainischer
       Soldaten und Soldatinnen an dem Gerät sei bereits abgeschlossen. (rtr)
       
       ## UN beklagen Polens Doppelmoral beim Umgang mit Migranten
       
       Der UN-Sonderberichterstatter für die Rechte von Migranten wirft der
       polnischen Regierung Doppelmoral im Umgang mit Geflüchteten vor. Obwohl das
       Land und seine Bürger für die Gastfreundschaft gegenüber zwei Millionen
       ukrainischen Geflüchteten gelobt werden müsse, seien die Behörden in Polen
       aufgefordert, die Inhaftierung von vor allem aus dem Nahen Osten und Afrika
       stammenden Migranten zu beenden, sagt Felipe Gonzalez Morales. Unbegleitete
       Kinder, Familien, schwangere Frauen und psychisch Kranke müssten
       unverzüglich aus Haftanstalten ähnelnden Auffanglagern nahe der
       belarussischen Grenze entlassen werden. (rtr)
       
       ## Russische Raketenangriffe am Tag der Eigenstaatlichkeit der Ukraine
       
       Russland hat nach ukrainischen Angaben am Donnerstag seine Raketenangriffe
       verschärft und dabei erstmals seit Wochen auch die Regionen Kiew und
       Tschernihiw ins Visier genommen. Der Regionalgouverneur von Kiew, Olexij
       Kuleba, sah einen Zusammenhang zum Tag der Eigenstaatlichkeit, der am
       Donnerstag erstmals offiziell in der Ukraine begangen wurde.
       
       „Russland, mit der Hilfe von Raketen, übt Rache für den weit verbreiteten
       Volkswiderstand, den die Ukrainer in der Lage waren, genau wegen ihrer
       Staatlichkeit zu organisieren“, sagte Kuleba im ukrainischen Fernsehen. Die
       Ukraine werde sich weiterhin verteidigen, fügte er hinzu.
       
       Kuleba teilte mit, im Bezirk Wyschgorod sei am Morgen „ein
       Infrastrukturobjekt“ getroffen worden. Weitere Angaben gab es dazu zunächst
       nicht. Wyschgorod liegt 20 Kilometer nördlich des Stadtzentrums von Kiew.
       Der Gouverneur von Tschernihiw, Wjatscheslaw Tschaus, teilte mit, von
       Belarus aus seien Raketen auf die Gemeinde Hontschariwska abgefeuert
       worden.
       
       Russische Truppen zogen sich vor Monaten aus den Regionen Kiew und
       Tschernihiw zurück. Der Raketenbeschuss erfolgte einen Tag nach dem Aufruf
       des prorussischen Separatistenführers Denis Puschilin, „von Russen
       gegründete russische Städte – Kiew, Tschernihiw, Poltawa, Odessa,
       Dnipropetrowsk, Charkiw, Saporischschja, Luzk – zu befreien“. (ap)
       
       ## Habeck rechnet bei Gas-Umlage mit „einigen Hundert Euro pro Haushalt“
       
       Wirtschaftsminister Robert Habeck rechnet damit, dass wegen der Gas-Umlage
       Kosten von mehreren Hundert Euro pro Haushalt auf die Verbraucher zukommen.
       Die Höhe der Umlage stehe noch nicht endgültig fest. Sie werde aber in der
       Spanne von 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde liegen, sagte der
       Grünen-Politiker am Donnerstag. Bei einem durchschnittlichen
       Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden im
       Jahr lande man so in einem mittleren Hundert-Euro-Bereich.
       
       Die Umlage sei nötig, um die Energieversorgung zu sichern. Die Unternehmen
       können damit einen Teil ihrer erhöhten Beschaffungskosten an die
       Endverbraucher weitergeben. Zugleich werde es Entlastungen für jene Bürger
       geben, die deswegen an die Armutsgrenze rutschten, betonte Habeck. „Das ist
       kein guter Schritt, aber ein notwendiger Schritt.“ Tragbar werde er durch
       soziale Ausgleichsmaßnahmen. Details dazu nannte er nicht. (dpa)
       
       ## Selenski will der EU in Energiekrise mit Strom helfen
       
       Mit Blick auf die [1][Energiekrise in Europa] hat der ukrainische Präsident
       Selenski der EU eine Unterstützung mit Strom aus seinem Land angeboten.
       „Wir bereiten uns auf die Erhöhung unseres Stromexports für die Verbraucher
       in der Europäischen Union vor“, sagte der Staatschef am Mittwochabend in
       Kiew in seiner abendlichen Videobotschaft.
       
       „Unser Export erlaubt es uns nicht nur, Devisen einzunehmen, sondern auch
       unseren Partnern, dem russischen Energiedruck zu widerstehen“, meinte er
       mit Blick auf die von Russland deutlich reduzierten Gaslieferungen. Gas
       wird auch zur Verstromung genutzt. Russlands Energieriese Gazprom hatte die
       Lieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 wegen angeblicher
       technischer Probleme am Mittwoch erneut gesenkt – diesmal auf 20 Prozent
       des maximalen Umfangs.
       
       „Schrittweise machen wir die Ukraine zu einem der Garanten der europäischen
       Energiesicherheit, eben über unsere inländische Elektroenergieproduktion“,
       meinte Selenski. Die Ukraine hatte vor Russlands Angriffskrieg, den Moskau
       im Februar begonnen hatte, ihren Bedarf zu 50 Prozent aus Atomstrom
       gedeckt. Das Land war zudem auf Stromimporte aus Russland und Belarus
       angewiesen.
       
       Wie Selenski erklärte, wird ein Großteil der Energie nicht gebraucht, da
       wegen des Kriegs die Produktion stillsteht. Allerdings hatten die
       russischen Truppen zuletzt auch das größte Atomkraftwerk in Enerhodar, ein
       Wasserkraftwerk am Fluss Dnipro und mindestens zwei Kohlekraftwerke
       eingenommen. (dpa)
       
       ## US-Regierung: Geben keine Details zu Angebot an Russland bekannt
       
       Die US-Regierung will keine Details zu dem Angebot bekanntgeben, das
       Washington Russland zur Freilassung der [2][US-Basketballerin Brittney
       Griner] und des amerikanischen Staatsbürgers Paul Whelan gemacht hat. „Und
       ich bin mir sicher, dass Sie alle verstehen, dass es uns nicht helfen wird,
       sie nach Hause zu bringen, wenn wir in der Öffentlichkeit mit Ihnen allen
       verhandeln. Ich werde also nicht weiter darauf eingehen“, sagte John Kirby,
       der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, am Mittwoch.
       
       „Das Angebot wurde gemacht, und wir hoffen natürlich, dass Russland darauf
       eingehen wird“, sagte Kirby weiter. Die Entscheidung dazu sei nicht leicht
       gefallen. Medien hatten zuvor berichtet, dass einen Gefangenenaustausch mit
       dem in den USA inhaftierten russischen Waffenhändler Viktor Bout Teil des
       Angebots sei. Moskau fordert seit Jahren die Auslieferung des früheren
       Sowjetoffiziers, der Regime und Rebellen in zahlreichen Ländern illegal mit
       Waffen ausgerüstet haben soll. Bout war als „Händler des Todes“ berüchtigt.
       
       Auf die Frage, warum die US-Regierung nun mit dem Angebot an die
       Öffentlichkeit gehe, sagte Kirby: „Die Tatsache, dass es einen konkreten
       Vorschlag gibt, dass etwas Konkretes auf dem Tisch liegt, ist wichtiger
       Kontext, damit die Welt weiß, wie ernst es den Vereinigten Staaten ist,
       unsere Bürger nach Hause zu holen.“
       
       US-Außenminister Antony Blinken hatte zuvor bekanntgegeben, dass die
       Regierung Moskau ein Angebot zur Freilassung von Griner und Whelan gemacht
       habe. Griner war im Februar auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo
       festgenommen worden. Der Olympiasiegerin wird der Besitz von Drogen
       vorgeworfen. Whelan war 2020 wegen Spionage zu 16 Jahren Haft verurteilt
       worden. (dpa)
       
       ## Kemfert: Energiesparen durch Homeoffice
       
       Die DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert sieht ein signifikantes
       Einsparpotenzial durch die Nutzung von Homeoffice. „Grundsätzlich gesehen
       kann das Homeoffice zum Energiesparen beitragen, da Bürogebäude nicht
       geheizt werden müssen und dort auch Strom gespart werden kann“, sagt sie
       den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es entstünden zwar auch im Homeoffice
       Energiekosten, dafür fielen aber Energiekosten für den Transport zum
       Arbeitsplatz weg.
       
       „Studien schätzen, dass bis zu fünf Prozent des Energieverbrauchs
       eingespart werden können, wenn im Homeoffice gearbeitet wird“, sagt die
       Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Daher sei es
       angesichts der aktuellen Energiekrise durchaus sinnvoll, flexible
       Homeoffice-Varianten anzubieten. Auch der Bundesverband mittelständische
       Wirtschaft (BVMW) sieht dieses Potenzial. Der Mittelstand sei angesichts
       der Lage „für jede Einsparidee aufgeschlossen“, sagt Chefvolkswirt
       Hans-Jürgen Völz. Wegfallende Arbeitswege dienten Umwelt und Klima.
       Berechnungen gingen davon aus, dass ein Einsparpotenzial von „bis zu 3,7
       Millionen Tonnen Treibhausgase im Straßenverkehr“ möglich sei – „mit
       entsprechend niedrigerem Energieverbrauch“. (rtr)
       
       ## Cherson: Ukrainische Gegenoffensive mit Erfolgen
       
       Die ukrainische Gegenoffensive auf die von Russland besetzte Stadt Cherson
       gewinnt nach Einschätzung des britischen Militärgeheimdienstes an Dynamik.
       Die ukrainischen Truppen hätten sehr wahrscheinlich einen Brückenkopf
       südlich des Flusses Inhulez errichtet, der die nördliche Grenze von Cherson
       bildet, teilt das Verteidigungsministerium in London auf Twitter mit und
       zitiert aus dem jüngsten Geheimdienst-Bulletin. Russlands 49. Armee befinde
       sich am westlichen Ufer des Dnjepr und erscheine nun sehr verwundbar.
       Cherson sei praktisch von den anderen besetzten Gebieten abgeschnitten.
       Zudem sei die strategisch wichtige und einen Kilometer lange
       Antoniwsky-Brücke über den Dnjepr bei Cherson erneut getroffen worden und
       könne nun sehr wahrscheinlich nicht mehr genutzt werden. (rtr)
       
       ## Verbraucherschutz-Chefin dringt auf neue Hilfspakete
       
       Die neue Verbraucherschutz-Chefin Ramona Pop dringt bei der Ampel-Koalition
       wegen der drohenden Gaskrise umgehend auf neue Hilfspakete. „Die
       Bundesregierung soll aufhören zu streiten und stattdessen neue Hilfspakete
       schnüren“, sagt Pop, die seit Anfang Juli den Bundesverband der
       Verbraucherzentralen (vzbv) leitet, der „Funke Mediengruppe“. Die jetzigen
       Hilfen wie das 9-Euro-Ticket liefen Ende August aus. Der Bundeskanzler habe
       die Weitergabe der höheren Gaspreise ab September oder Oktober an die
       Verbraucher angekündigt, mögliche Hilfen dafür aber erst fürs nächste Jahr
       in Aussicht gestellt. „Da klafft eine große Gerechtigkeitslücke, so geht
       das nicht.“ Die Bundesregierung müsse endlich klar kommunizieren, was auf
       die Verbraucher zukommt. „Diskussionen, in denen Arbeitsplätze gegen kalte
       Wohnungen ausgespielt werden, sind brandgefährlich und das falsche Signal.
       Wir brauchen Solidarität, auch beim Energiesparen.“ (rtr)
       
       28 Jul 2022
       
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