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       # taz.de -- Vor der Präsidentschaftswahl in Kenia: Seltsame Venezolaner am Flughafen
       
       > Kenia wählt bald einen neuen Präsidenten. Doch drei kuriose Verhaftungen
       > am Flughafen von Nairobi säen Zweifel am korrekten Wahlablauf.
       
   IMG Bild: Am 9. August wird gewählt: Wahlplakate in Kenias Hauptstadt Nairobi
       
       Nairobi taz | In weniger als zwei Wochen [1][wählt Kenia einen neuen
       Präsidenten]. Die ostafrikanische Regionalmacht mit 56 Millionen Einwohnern
       hat die Eigenart, ihren Ruf als Stabilitätsanker der Region bei Wahlen
       immer abzuschütteln, und die Wahl am 9. August ist keine Ausnahme.
       
       Am Donnerstag vergangener Woche verhaftete die Polizei am internationalen
       Flughafen der Hauptstadt Nairobi einen „Ausländer“. José Gregorio Camargo
       Castellano aus Venezuela war unterwegs mit 17 Rollen amtlicher Siegel der
       Wahlkommission IEBC, mit denen Wahlmaterialien zertifiziert werden. Als
       zwei andere Venezolaner, Joel Gustavo Rodriguez Garcia und Salvador Javier
       Sosa Suarez, am Flughafen ihren Landsmann suchten, wurden auch sie
       festgenommen. Sie waren einige Tage zuvor ebenfalls mit IEBC-Materialien
       eingereist. Neben Siegelrollen hatten sie Computer, Mobiltelefone und
       USB-Sticks mit sensiblen Wahldaten dabei.
       
       Verdächtig waren die drei, weil sie zwar IEBC-Materialien bei sich hatten,
       aber keinen Kontakt bei der Wahlkommission nennen konnten. Wie sich
       herausstellte, arbeiten sie für die Firma Smartmatic, die für die Hard- und
       Software der Wahlkommission zuständig ist. Die mitgeführten Güter der
       Venezolaner wurden beschlagnahmt, und die drei sollen nun der
       Antiterroreinheit der Polizei vorgeführt werden.
       
       Die Wahlkommission IEBC ist nun sauer, da die Verhaftungen den Eindruck
       erzeugen, dass bei ihr nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Außerdem
       blieb zunächst unklar, was mit den beschlagnahmten Materialien passierte.
       Die Polizei sagte, die Siegel seien der Wahlkommission übergeben worden.
       Dann stellte sich heraus, dass sie sich in Obhut der Antiterroreinheit
       befinden. Die Venezolaner mussten angeblich auch die Passwörter für ihre
       Geräte und Programme preisgeben.
       
       ## Wahlkommission steht in der Kritik
       
       „Die Kommission ist besorgt über die Handlungen der Polizei, fordert ein
       Ende der Belästigung von Mitarbeitern ihrer legitimen Vertragspartner und
       verlangt die sofortige Freigabe aller konfiszierten Gegenstände“, erklärte
       IEBC-Chef Wafula Chebukati.
       
       Präsidentschaftskandidat Musalia Mudavadi von der Oppositionspartei ANC
       (Amani National Congress) sagte, der Streit sei „ein klarer Beweis“ dafür,
       wie die Regierung des scheidenden Präsidenten Uhuru Kenyatta plane, die
       Wahl zu manipulieren. Mudavadi diente jahrzehntelang als Minister und war
       auch schon Vizepräsident und Vizepremierminister. „IEBC ist eine
       unabhängige Behörde und sollte die Wahl ohne Behinderungen, vor allem nicht
       durch die Sicherheitsorgane, vorbereiten können“, sagte er.
       
       Mudavadi gründete seine eigene Partei, nachdem er erst mit Präsident
       Kenyatta und dann auch mit dem langjährigen Oppositionsführer Raila Odinga
       brach. Odinga kandidiert dieses Jahr erneut, diesmal in einem Wahlbündnis
       mit Präsident Kenyatta, seinem Erzfeind bei der letzten Wahl 2017. Kenyatta
       selbst kandidiert nicht mehr.
       
       Wichtigster Gegenkandidat Odingas ist der aktuelle Vizepräsident William
       Ruto. So unterstützen Präsident und Vizepräsident nun verfeindete Lager,
       und die Wahl 2022 könnte die umstrittenste in der Geschichte des
       unabhängigen Kenia werden.
       
       Auch die Wahlkommission steht allerdings in der Kritik; wie bereits bei den
       letzten Wahlen, die schließlich von der Justiz wegen Unregelmäßigkeiten
       annulliert wurden und wiederholt werden mussten. Diese Woche bestätigte das
       oberste Berufungsgericht Kenias den von der IEBC verfügten Ausschluss des
       halbblinden christlichen Gospelsängers Reuben Kigame von der Wahl. Seine
       Kandidatur habe nicht die nötigen 48.000 Unterstützer gehabt, hatte die
       Wahlkommission argumentiert und ihn nicht zugelassen. Wenn Kigame seine
       Klage dagegen gewonnen hätte, hätte die Wahlkommission den Wahltermin
       verschieben und neue Wahlzettel drucken müssen.
       
       Derweil mehren sich Appelle für eine saubere und friedliche Wahl am 9.
       August. Die UN-Wahlbeobachter in Kenia erklärten, alle Beteiligten müssten
       sich vor, während und nach der Wahl zu Frieden bekennen. Über 100
       Jugendführer Kenias unterzeichneten jetzt die „Mkenya Daima Leadership and
       Peace Pledge“, die zu Frieden bei der Wahl und zu einem geordneten Übergang
       zum nächsten Präsidenten aufruft.
       
       29 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Vor-den-Wahlen-in-Kenia/!5840973
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Maria Macharia
       
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