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       # taz.de -- Wasserpolitik in Berlin: Nichts Genaues weiß man nicht
       
       > Droht der Hauptstadtregion bald der Wassermangel? Die Ängste sind groß,
       > aber das konkrete Wissen überschaubar. Was bedeutet das für die Politik?
       
   IMG Bild: Alles fließt in Berlin: Wasseridylle am Schlachtensee
       
       In Berlin musste man sich seit dem Mauerfall um Vieles sorgen, aber um
       eines nie: dass man [1][auf dem Trockenen sitzen würde]. Große Teile der
       Hauptstadt liegen in einem Urstromtal, das bis heute reich an Flüssen und
       Seen ist, an einigen Stellen der Innenstadt gab es sogar Probleme mit zu
       hohem Grundwasser. Der rapide Abbau der Industrie vor allem im Osten der
       Stadt nach 1990 reduzierte zudem den Wasserverbrauch deutlich.
       
       Doch in den vergangenen Jahren änderte sich das Bild: Die Bevölkerung
       wächst konstant, die Wirtschaft boomt, und damit [2][wird auch mehr Wasser
       verwendet] und verschwendet. Hinzu kommt die Frage, wie sich das absehbare
       Ende des Braunkohletagebaus in der Lausitz [3][auf den Zufluss über die
       Spree] auswirkt. Große Sorgen bereitet die seit einigen Jahren herrschende
       Trockenheit, die allein in diesem Jahr für fast 400 Waldbrände in der Mark
       mitverantwortlich ist.
       
       Kein Wunder, dass die Politik alarmiert ist und vergleichsweise fix auf
       Forderungen reagiert. Ein Beispiel: Erst am Montag hatte der grüne
       Umweltpolitiker Benedikt Lux [4][im taz-Interview gefordert], dass Berlin
       in Notsituationen bestimmte Wassernutzungen einschränken oder verbieten
       können müsse, wie Rasensprengen, Autowäsche oder das Befüllen von Pools. Es
       gehe um „Wasserverbräuche, die objektiv verzichtbar sind“, so Lux zur taz.
       
       Kaum geäußert, beeilte sich schon die grüne Umweltverwaltung am Mittwoch zu
       versichern, dass eine dafür nötige Änderung des Wassergesetzes kommen soll.
       Wie genau und wann? Das blieb unklar, ebenso wie weitgehend die
       Veränderungen sein sollen. Geht es nur darum, auf den Stand anderer
       Bundesländer zu kommen – Brandenburg etwa -, oder sollen die Kompetenzen
       darüber hinausgehen?
       
       Auch ohne das im Detail zu wissen: Die Reaktion der Umweltverwaltung passt
       ins aktuelle Handlungsmuster der Politiker*innen jeder Colour, die
       angesichts massiver multipler Krisen – Klima, Krieg, Energie, Pandemie,
       Inflation, etc. – Bereitschaft zu Veränderungen signalisieren müssen.
       Schließlich will sich am Ende niemand dem Vorwurf aussetzen, man habe die
       Dramatik der Lage verkannt.
       
       Und so kommt es, dass die Grünen im Bund sogar eine Laufzeitverlängerung
       für Kernkraftwerke zu akzeptieren bereit sind, während die FDP in Berlin
       die Forderung von Benedikt Lux unterstützt. Die Zeitenwende ist längst in
       den Köpfen der Herrschenden angekommen.
       
       ## Bringen die Maßnahmen wirklich was?
       
       Was leider nichts über die Effizienz der vorgeschlagenen Maßnahmen aussagt.
       Ähnlich wie bei der Atomkraft, die ja Strom erzeugt und keine Wärme, und
       bei der [5][Abschaltung der Beleuchtung bekannter Gebäude] bleiben beim
       Vorstoß von Lux und der Umweltverwaltung viele Fragen offen. Wie viele
       Menschen waschen und polieren überhaupt noch ihr Auto vor dem Eigenheim?
       Wie groß ist die Menge des Wassers in privaten Pools, auch im Verhältnis
       zum Gesamtverbrauch? Wie würden etwaige Verbote aussehen und wer soll sie
       kontrollieren?
       
       Bisweilen scheint der symbolische Charakter solcher Forderungen stark zu
       überwiegen. Das bedeutet nicht, dass sie sinnfrei wären. Angesichts der
       Klimakrise ist jedes Nachdenken über einen nachhaltigeren Umgang mit
       Ressourcen wichtig und richtig. Ob sie am Ende aber auch einen Beitrag zur
       Lösung der Krisen leisten, bleibt offen.
       
       30 Jul 2022
       
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   DIR Bert Schulz
       
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