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       # taz.de -- Britische Medien und Boris Johnson: Irgendwann ist Schluss
       
       > Viele konservative Blätter hielten dem britischen Premier Johnson die
       > Treue. Doch die Murdoch-Blätter ließen ihn fallen – wie einst Trump in
       > den USA.
       
   IMG Bild: Ex-Präsident Donald Trump am 22 Juli in Prescott, Arizona
       
       „Froster beim Würfeln mit Fettläusen“, rief [1][Rupert Murdoch], als ihm
       mal wieder dieser [2][Boris Johnson] unterkam. Gut, er war nicht gerade
       unbeteiligt am Aufstieg des strubbeligen Sohns aus besserem Hause zu
       Britanniens Premierminister. Genau genommen hatten Murdochs Medien auch
       Johnsons Zwischenstationen als Bürgermeister von London und
       Zwischendurch-Außenminister wohlwollend befördert. Aber irgendwann musste
       mal Schluss sein.
       
       Vor allem, wenn sich dieser Lügenbaron derart vor dem Parlament und Volk um
       Kopf und Kragen schwindelte, dass ihn die eigene Partei auf die
       Abschussliste setzte. Wenn Murdoch jetzt an Johnson festhielte, würde das
       seinen Einfluss auf die britische Politik schmälern. Schließlich war er
       seit den 1960er Jahren Medienmogul Nummer eins mit direktem Zugang zur
       Downing Street No 10, wenn auch meistens durch die Hintertür.
       
       Während andere konservative Blätter Johnson fast bis zuletzt die Treue
       hielten, ließ ihn Murdoch in seiner Times und dem Boulevardblatt Sun also
       etwas eher fallen. Bei der Times waren sie nicht mal böse, schließlich war
       Johnson als Journalist immer für die Konkurrenz vom Daily Telegraph
       unterwegs.
       
       Jetzt musste sich Murdoch nur noch mit dem/der künftigen
       Regierungschef*in gut stellen. Also gab er am Dienstagabend seinen
       neuen Kanal Talk TV gern für das Duell der beiden Kandidat*innen Liz
       Truss und Rishi Sunak her. Weil Moderatorin Kate McCann auch noch während
       der Liveübertragung zusammenklappte, war der in Sachen Publikumszuspruch
       extrem schwächelnde Sender sogar mal in aller Munde.
       
       ## Populistisches Fernsehen nicht immer erwünscht
       
       Talk TV sollte eigentlich eine Art britisches Fox News werden. Murdoch ist
       mit seinen 91 Jährchen ja kein Rentner, sondern will neben Politik vor
       allem auch weiter Geld machen. Doch das Publikum zeigt Talk TV bislang die
       kalte Schulter. Krawallschachtelndes Populismus-Fernsehen funktioniert eben
       nicht automatisch. Das ist mal 'ne gute Nachricht.
       
       Falls sich Johnson über Murdochs Liebesentzug ausheulen will, kann er
       einfach bei seinem Vorbild [3][Donald Trump] anrufen. Der kennt das Gefühl
       seit letzter Woche nämlich auch. „Ach was, machen die jetzt 'ne
       Kummergruppe auf? Und gibt’s bei all den Berater*innen da auch
       Antidepressionstraining für Ex-Präsidenten?“, fragt die Mitbewohnerin.
       
       Besser wär's, schließlich hat Murdoch Trump in Sachen
       Präsident*innenschaftswahl 2024 einfach mal fallen lassen. „Trump hat
       sich als unwürdig erwiesen, noch einmal Chef dieses Landes zu werden“, ließ
       Murdoch die New York Post schreiben. Und seine Wirtschaftszeitung Wall
       Street Journal hat sogar Trumps Schlachtruf „Make America great again“
       verhunzt. In schönstem Murdoch’schen Opportunismus heißt das jetzt: „Let’s
       make America sane again.“
       
       29 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
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