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       # taz.de -- Frauen*bildungszentrum in Hamburg: Feministischer Freiraum für alle
       
       > Das „Frauen*bildungszentrum DENKtRÄUME“ sammelt seit fast 40 Jahren
       > Zeugnisse der Frauen*bewegung. Es realisiert auch Forschungsprojekte.
       
   IMG Bild: Feministische Theorie und Belletristik bis unter die Decke: Das Frauen*bildungszentrum in Hamburg
       
       Hamburg taz | Unauffällig in einem Hinterhof gelegen, findet sich auf nur
       120 Quadratmetern eine geballte Ladung feministischer Bewegungsgeschichte.
       „Die Idee des Ortes ist, einen niedrigschwelligen Zugang zu feministischen
       Themen anzubieten“, sagt Nicolli Povijač über das Hamburger
       Frauen*bildungszentrum DENKtRÄUME. Wie fast das ganze siebenköpfige
       Team arbeitet sie hier ehrenamtlich.
       
       Gegründet wurde [1][DENKtRÄUME] 1983 aus dem Wunsch heraus, einen Ort für
       gemeinsames Lernen, Austausch und Vernetzung für Frauen in Hamburg zu
       schaffen. Bibliothek, Archiv und Veranstaltungsprogramm bilden bis heute
       die drei Säulen von DENKtRÄUME.
       
       Die Wände der Bibliothek sind hinter den 12.000 Büchern kaum zu sehen. Eine
       Sitzecke lädt zum Schmökern ein, am Tresen gibt es Getränke. In den zwei
       Räumen der Bibliothek sind die großen Themen der feministischen Theorie
       vertreten: [2][von Arbeit] über Kunst und Gesundheit bis zu Antirassismus
       und Lesben.
       
       Auch eine Abteilung zu Astrologie und Esoterik gibt es – aus historischen
       Gründen, denn seit der Gründung wurden kaum Bücher aus der Bibliothek
       entfernt. „Auch unsere Bibliothek ist ein Archiv der Frauenbewegungen“,
       sagt Karin Schönewolf. Sie ist seit den 1980er-Jahren dabei und arbeitet
       heute ebenfalls ehrenamtlich für das Frauen*bildungszentrum.
       
       Etwas Besonderes ist neben der Sachbuchabteilung die Auswahl an
       [3][feministischer Belletristik]. Zu Beginn sei es darum gegangen,
       Literatur von Frauen sichtbar zu machen, „heute schauen wir nach
       Erzählungen, die eine feministische oder queere Perspektive anbieten“, sagt
       Povijač.
       
       ## Über 100.000 Flugblätter
       
       Ungefähr 100.000 bis 150.000 Flugblätter, Zeitschriften und
       Veranstaltungsprogramme füllen das hinter der Bibliothek gelegene Archiv
       der DENKtRÄUME. Die Artikel sind Zeugnisse der autonomen Frauen- und
       Lesbenbewegung – mit Fokus auf Hamburg.
       
       Die meisten Archivalien lagern in ganz normalen Aktenordnern. In der Mitte
       des kleinen Raumes liegt ein Stapel der Ordner auf einem Tisch: Derzeit
       sortieren die Mitarbeiterinnen die gesammelten Zeitungsausschnitte neu und
       legen sie in säurefreie Archivmappen, damit sie länger haltbar bleiben. Zum
       Schutz der Archivalien soll auch die Digitalisierung des Archivs beitragen,
       die das Frauen*bildungszentrum seit 2016 schrittweise vollzieht.
       Dadurch müssen die Materialien nicht im Original herausgegeben werden.
       
       „Ein Ort, der Freiräume ermöglichen soll“, wie Povijač es beschreibt, ist
       das Frauen*bildungszentrum bis heute. Neben den Besucher*innen in
       Bücherei und Archiv können auch Gruppen die Räumlichkeiten für ihre Treffen
       nutzen. Mit Lesungen, Vorträgen und Stadtrundgängen wirkt das
       Frauen*bildungszentrum in die Öffentlichkeit.
       
       An diesem Ort wird jedoch nicht nur Wissen gesammelt und zugänglich
       gemacht, es wird auch Wissen produziert: Jährlich realisiert das
       Bildungszentrum ein Forschungsprojekt. In diesem Jahr lautet das Thema
       „Frauenbewegung und NS-Täterinnenschaft“. Ausgehend vom „Fall Ruth
       Kellermann“, deren NS-Vergangenheit in den 80er-Jahren öffentlich gemacht
       wurde und die bei DENKtRÄUME aktiv war, beschäftigen sich die
       Mitarbeiterinnen mit den Diskussionen um [4][NS-Täterinnenschaft] in der
       zweiten Welle der Frauenbewegung in den 1980er-Jahren.
       
       Mit der Weiterentwicklung der feministischen Bewegung hat sich in den
       vergangenen Jahrzehnten auch die Zielgruppe des
       Frauen*bildungszentrums erweitert: „Anfang der 1980er hätte ich hier
       keine Männer bei Veranstaltungen gewollt“, sagt Schönewolf. Heute seien bei
       DENKtRÄUME alle willkommen, die sich für feministische Themen
       interessierten.
       
       13 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.denktraeume.de/
   DIR [2] /Philosophin-ueber-Care-Arbeit/!5834052
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       ## AUTOREN
       
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