# taz.de -- Baerbock in Athen und Ankara: Bisweilen Klartext
> In der Türkei findet die Außenministerin kritische Worte. Selbige wären
> auch in Griechenland nötig gewesen – in der Frage der Pushbacks.
IMG Bild: Hält eigentlich nichts von Plattitüden im diplomatischen Umgang: Außenministerin Baerbock in Ankara
[1][Annalena Baerbock] hält nichts davon, im diplomatischen Umgang nur
Plattitüden auszutauschen. „Klartext, dass die Ohren schmerzen“, sollte vor
allem unter Freunden dazugehören. Diesem Grundsatz blieb sie bei ihrem
Antrittsbesuch in Griechenland und der Türkei vor allem in Istanbul treu.
Und ja, es ist gut, dass Baerbock nicht nur hinter verschlossenen Türen die
Freilassung des Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala forderte und die
Türkei vor einem neuerlichen Einmarsch in Nordsyrien warnte.
Es war auch richtig, mit Vertreter:innen der Opposition und einer
Fraueninitiative, die gegen Femizide kämpft, zu sprechen. Allerdings war
bei näherem Hinsehen ihr Klartext doch ziemlich selektiv. Es geht ja darum,
wo und wie man in der Außenpolitik etwas erreichen kann. Die Freilassung
von Kavala gehört sicher nicht dazu. Das hat Präsident Tayyip Erdoğan
mehrfach klargestellt. Dasselbe gilt für Nordsyrien.
Sowohl die Russen als auch die Amerikaner haben Erdoğan dringend davon
abgeraten, in [2][Nordsyrien] militärisch aktiv zu werden. Damit war die
Sache bereits entschieden, und es gehört nicht viel dazu, sich der
Auffassung der Großmächte anzuschließen. Wo Baerbock aber etwas bewegen
kann, ist beim Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei.
Sich hier vollmundig der griechischen Position zu den jahrzehntealten
Auseinandersetzungen um Hoheitsgebiete und Ausbeutung von Bodenschätzen in
der Ägäis und im Mittelmeer anzuschließen, ist zwar Klartext, doch
politisch gesehen mindestens unterkomplex. Und da, wo sie wirklich etwas
hätte ausrichten können, bei der Frage der illegalen Pushbacks von
Flüchtlingen durch die griechische Küstenwache und Frontex, war es dann
ganz aus mit dem Klartext.
Anstatt die Gelegenheit zu nutzen und den griechischen Ministerpräsidenten
Kyriakos Mitsotakis mit den systematischen und politisch gewollten
[3][Pushbacks] zu konfrontieren, dimmte sie den Skandal zu „Einzelfällen“
herunter, denen man nachgehen müsse. Alles andere hätte auch vermutlich
echten Ärger mit Brüssel und in der heimischen Koalition gegeben.
31 Jul 2022
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## AUTOREN
DIR Jürgen Gottschlich
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