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       # taz.de -- Klage auf Akteneinsicht zur Rigaer 94: Die Polizei mauert
       
       > Die Polizei verweigert die Herausgabe eines Durchsuchungsbeschlusses für
       > das Hausprojekt Rigaer 94. Mithilfe von „Frag den Staat“ wird dagegen
       > geklagt.
       
   IMG Bild: Die Polizei und die Rigaer 94: ein spezielles Verhältnis
       
       Berlin taz | Die Berliner Polizei wird [1][mithilfe der Online-Plattform
       „Frag den Staat“ verklagt]. Hintergrund ist eine [2][Durchsuchung des
       linksradikalen Hausprojekts Rigaer Straße 94] am 6. Oktober vergangenen
       Jahres, bei der die Beamt:innen 25 Wohnungen durchsuchten, die sie zuvor
       teilweise aufbrachen, sowie die Personalien von 26 Personen feststellten.
       
       Noch am Tag des Einsatzes hatte Marco Mauer, Nutzer des Transparenzportals,
       auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) die Übersendung des
       Durchsuchungsbeschlusses bei der Polizei beantragt. Seine Klage richtet
       sich gegen die Ablehnung dieses Gesuchs. Das IFG garantiert den
       voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen
       staatlicher Stellen, auch der Polizei.
       
       An dem für die Bewohner:innen und Öffentlichkeit überraschende Einsatz
       waren 320 Polizist:innen, darunter Spezialeinheiten mit Kletterausrüstung,
       beteiligt. Ziel war die Feststellung der Identitäten der vermeintlichen
       Bewohner:innen. Den Durchsuchungsbeschluss hatte die Polizei zuvor beim
       Amtsgericht Tiergarten beantragt.
       
       Sie berief sich dabei auf das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz
       (Asog), wonach der Schutz privater Rechte der Polizei obliegt, „wenn ohne
       polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich
       erschwert würde“. Zuvor hatten die Eigentümervertreter der britischen
       Briefkastenfirma Lafone Investments Limited um Hilfe gebeten, da es ihnen
       nicht möglich sei, selbst das Haus zu betreten und die Identitäten der
       Bewohner:innen festzustellen.
       
       Das Gericht gestatte die Durchsuchung der Wohnungen; unangetastet blieben
       lediglich vier Wohnungen, deren Mieter:innen der Eigentümerin zuvor
       namentlich bekannt waren. Nicht gestattet war der Polizei die Suche nach
       Gegenständen. Laut Rigaer 94-Anwalt Lukas Theune hielten sich die
       Polizist*innen aber nicht daran. So sei in WG-Ordnern gewühlt worden.
       Auch zeigten Bilder, dass die Polizei ein – wohl frei verkäufliches –
       Luftgewehr beschlagnahmt hatte.
       
       ## Unterschiedliche Ablehnungsgründe
       
       Den Antrag auf Akteneinsicht lehnte die Polizei Anfang April mit den
       Verweis darauf ab, dass es sich bei dem Durchsuchungsbeschluss um einen
       Aktenbestandteil des Gerichts handele, sie also nicht zuständig sei.
       
       Nach einem Widerspruch änderte die Polizei ihre Argumentation: Demnach sei
       im Asog festgehalten, dass die Betroffenen einer Hausdurchsuchung ein
       Protokoll erhalten und dies der einzige Fall sei, in dem Dokumente
       herausgegeben werden müssten. „Von der Möglichkeit der Herausgabe des
       Beschlusses an Nichtbetroffene hat der Gesetzgeber bewusst abgesehen“, so
       die Argumentation.
       
       Laut „Frag den Staat“ beziehe sich die Anfrage aber auf den
       Durchsuchungsbeschluss, nicht auf das Protokoll der Durchsuchung. Damit
       setzte sie „zwei vollkommen unterschiedliche Dokumente einfach gleich, um
       so die Herausgabe der Unterlagen zu verweigern“. Rechtsanwältin Anna
       Gilsbach, die den Kläger vertritt, sagte der taz: „In beiden Fällen hat die
       Polizei seltsame Gründe herangezogen, die schon auf den ersten Blick nicht
       sehr überzeugend sind.“ Gespannt ist sie auf die Argumentation der Polizei
       vor dem Verwaltungsgericht.
       
       Kläger Mauer erwartet nicht, dass durch eine Veröffentlichung „große
       Geheimnisse aufgedeckt“ würden. Interessant sei jedoch, wie Gericht den
       Durchsuchungsbeschluss begründe, den die Polizei „als Gefälligkeit“
       gegenüber den Eigentümern beantragt hatte. Auch sei es im Normalfall
       schwierig, an Durchsuchungsbeschlüsse zu kommen, weil diese meist im Rahmen
       von Strafermittlungen ergehen und dann das IFG nicht greife. In diesem Fall
       jedoch sei dies möglich, da es sich nur um „Gefahrenabwehr“ gehandelt habe.
       
       Unangetastet von einer Entscheidung in der Sache bleibt, dass die
       festgestellten Personendaten der Eigentümerin dazu dienen, weiter gegen die
       Bewohner:innen vorzugehen. Nach der Ermittlung der Daten wurde
       [3][allen Mieter:innen gekündigt]. Vor dem Amtsgericht Kreuzberg sind
       derzeit 15 Klagen, teils gegen mehrere Personen, anhängig.
       
       Ob diese Aussicht auf Erfolg haben, hängt auch davon ab, ob das Gericht die
       britischen Briefkastenfirma Lafone Investments Limited überhaupt für
       rechtsfähig und ihre Anwälte für ordnungsgemäß beauftragt hält. Daran war
       die Briefkastenfirma bislang immer wieder gescheitert.
       
       1 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://fragdenstaat.de/blog/2022/08/01/polizei-durchsuchungsbeschluss-rigaer-94/
   DIR [2] /Hausdurchsuchung-Rigaer-Strasse-94/!5801684
   DIR [3] /Klage-gegen-Mieterinnen-der-Rigaer-94/!5833831
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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