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       # taz.de -- Bremer Feuerwehr: Notruf nur, wenn’s wirklich brennt
       
       > Rund 200 Mitarbeiter fehlen der Feuerwehr in Bremen. Die Arbeit der
       > Einsatzkräfte wird immer belastender – nun wenden sie sich an Politik und
       > Bürger.
       
   IMG Bild: Ein Großeinsatz könnte wegen des Personalmangels bei der Bremer Feuerwehr sehr kritisch werden
       
       Man stelle sich vor, es bricht ein Brand im Bremer Hafen aus: Dann hätte
       die Bremer Feuerwehr derzeit deutlich zu wenige Einsatzkräfte, um die
       notwendigen Sonderfahrzeuge zu besetzen. Ersatzfahrzeuge aus anderen
       Städten oder von der Freiwilligen Feuerwehr wiederum bräuchten deutlich
       länger, um den Einsatzort zu erreichen.
       
       Den [1][Personalmangel] bei der Bremer Feuerwehr spürt Frank Müller* jeden
       Tag. Er ist Berufsfeuerwehrmann und Rettungssanitäter in der Bremer
       Innenstadt und möchte aus beruflichen Gründen anonym bleiben. „Es kommt oft
       vor, dass wir in einer Zwölf-Stunden-Schicht zwölf Einsätze fahren müssen.
       Mehr ist nicht möglich“, sagt Müller gegenüber der taz. Nicht einmal zum
       Essen bleibe ihm an manchen Tagen die Zeit.
       
       Die Belastung von Feuerwehr- und Rettungskräften hat in Bremen in den
       vergangenen Jahren stark zugenommen. Rund 200 Stellen sind unbesetzt, die
       Einsatzkräfte sind darum an manchen Tagen im Dauereinsatz. Feuerwehrmänner
       und -frauen, die eigentlich für Löschfahrzeuge eingeteilt sind, müssen im
       Rettungsdienst aushelfen. Viele Sonderfahrzeuge sind nicht besetzt.
       
       Das sorgt für Unmut bei den Feuerwehrkräften. So sagte ein anonymer
       Feuerwehrmann bei [2][„buten un binnen“], die Sicherheit der Bürger und
       Einsatzkräfte sei nicht immer gewährleistet. Frank Müller ist anderer
       Ansicht: „Dass es des Öfteren zu einer Gefahr für die Einsatzkräfte kommt,
       habe ich so nicht erlebt. Die Fahrzeuge, die wir für den täglichen Einsatz
       brauchen, sind meistens voll besetzt.“ Dennoch sieht er dringend
       Handlungsbedarf.
       
       ## Bessere Kommunikation nötig
       
       Eine Sprecherin des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD) bestätigt auf
       taz-Anfrage, dass die Bremer Feuerwehr derzeit nicht all ihre Aufgaben
       erfüllen kann. Es seien aber bereits 58 neue Stellen geschaffen worden, um
       dem Problem entgegenzuwirken. „Das ist nicht ausreichend“, sagt Müller.
       „Die Leitstelle hat einen großen Personalbedarf und die Fachabteilungen
       ebenso. Die Ausbildungslehrgänge müssen auf jeden Fall mit 32 Personen pro
       Jahr laufen – mindestens.“
       
       Für die Ausbildung müsste allerdings wiederum Personal aus der täglichen
       Arbeit abgezogen werden. Der innenpolitische Sprecher der CDU Bremen, Marco
       Lübke, fordert deshalb zusätzlich eine verstärkte Anwerbung von
       ausgebildeten Feuerwehrkräften aus umliegenden Regionen, etwa aus
       Niedersachsen. Der Beruf müsse außerdem finanziell attraktiver werden.
       
       Kritik übt Lübke vor allem am Innensenator. Dieser verstecke sich zu sehr
       hinter der Coronapandemie: „Wenn morgens nur ein, zwei Prozent der
       Kolleginnen und Kollegen in Corona-Quarantäne sind und Herr Mäurer abends
       im Fernsehen erzählt, der Personalmangel läge am Krankenstand oder den
       Urlaubsreisen der Feuerwehrleute, dann ist das weder respektvoll noch
       Tatsache.“ Der Personalmangel sei ein Ergebnis der jahrelangen Sparpolitik
       Mäurers.
       
       Feuerwehrmann Müller fordert eine bessere Kommunikation der politisch
       Verantwortlichen: „Wir würden uns wünschen, dass wir auch von den
       Verantwortlichen direkt aufgeklärt werden, warum manche Entscheidungen so
       getroffen werden. Stattdessen erfährt man das meiste aus der Presse.“
       
       Müller fordert nicht nur politische Veränderungen. Auch bei den Bürgern
       müsse ein Umdenken her. Die Hemmschwelle, den Notruf zu wählen, sei zu
       niedrig: „Wenn jemand 38 Grad Temperatur hat, wird manchmal schon der
       Notruf gewählt. Das sind Einsätze, die vollkommen unnötig sind. Wenn diese
       Einsätze wegfielen, dann wäre die Belastung für uns auch nicht so hoch.“
       
       *Name geändert
       
       16 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Entlastung-bei-der-Arbeitszeit/!5870709
   DIR [2] https://www.butenunbinnen.de/audios/feuerwehr-personalmangel-verdi-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ben Reddig
       
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