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       # taz.de -- Besuch von chinesischem Spezialschiff: Datensauger in Sri Lankas Hafen
       
       > Indien und die USA regen sich über ein chinesisches Schiff in Sri Lanka
       > auf, weil es womöglich für Spionage genutzt werden kann. Colombo laviert.
       
   IMG Bild: Die Yuan Wang 5 am 16. August im Hafen von Hambantota
       
       BERLIN taz | Mit fünf Tagen Verzögerung hat am Dienstag das chinesische
       Schiff „Yuan Wang 5“ in Sri Lankas südlichem Hafen Hambantota festgemacht.
       Schon dass sich an Bord wie auf dem Kai Menschen fähnchenschwingend
       begrüßten, zeigt, dass der Besuch ungewöhnlich ist. Es handelt sich nicht
       um ein normales Schiff. Vielmehr hat die „Yuan Wang 5“ auf den Aufbauten
       vier riesige Satellitenschüsseln und mehrere Radarsysteme. Je nach
       politischem Standort wird es als Forschungsschiff, Überwachungs- oder gar
       um ein Spionageschiff bezeichnet. Denn die „Yuan Wang 5“ gehört Chinas
       Militär und verarbeitet Daten für den Einsatz von Satelliten und
       Interkontinentalraketen.
       
       Damit ist das moderne Schiff ein Politikum erster Güte, erst recht, wenn es
       erstmals an der Südspitze des indischen Subkontinents in dem von
       [1][politischer Instabilität] und [2][schwerer Wirtschaftskrise] geplagten
       Sri Lanka festmacht. Also quasi direkt vor der Haustür von Chinas
       regionalem Rivalen Indien und zugleich an der wichtigsten Schifffahrtsroute
       zwischen Asien und Europa.
       
       So wie Peking keine US-Marineschiffe voll Elektronik in der Taiwan-Straße
       sehen will, so geht es auch Delhi mit diesem chinesischen Schiff. Denn das
       könnte, so die Sorge, angesichts von Sri Lankas Nähe zum indischen Festland
       dort militärische Einrichtungen ausspionieren. Zwischen den beiden
       Atomwaffenstaaten Indien und China gibt es große Spannungen.
       
       Die fünftägige Verzögerung der Schiffsankunft soll denn auch auf Bedenken
       der Regierungen in Delhi und Washington zurückgehen, die Colombo erst
       zerstreuen wollte. Indien hätte den Besuch des Schiffes am liebsten
       verhindert, musste aber im Ringen mit Peking um Einfluss in Colombo
       vorsichtig sein. Denn sonst treibt es den [3][bankrotten] Inselstaat noch
       weiter in Chinas Arme.
       
       ## Peking spricht von „brutaler Einmischung“
       
       Der Hafen Hambantota zeigt das. Er wurde mit chinesischen Krediten in der
       Heimatregion des bis Juli regierenden [4][Rajapaksa-Clans] gebaut. Doch war
       der Tiefseehafen eine Fehlinvestition, mit der sich Colombo übernommen
       hatte. Als Pekings Kredite nicht mehr bedient werden konnten, sah sich
       Colombo gezwungen, den Hafen für 99 Jahre an China zu verpachten. Manche
       Beobachter sehen darin sogar eine bewusste Schuldenfalle Pekings.
       
       Denn mit Hambantota hat Peking jetzt zum Ärger Delhis einen Fuß in Sri
       Lankas Tür. Und seitdem fürchtet Indien, dass Peking den strategisch
       gelegenen Hafen mitten im Indischen Ozean auch als Stützpunkt für Chinas
       Marine nutzen wird. Die „Yuan Wang 5“ bestätigt dies jetzt aus Delhis
       Sicht.
       
       Dabei hatte Sri Lankas Regierung zuletzt mit China abgemacht, dass die
       „Yuan Wang 5“ in Hambantota jetzt nur Versorgungsgüter aufnehmen, aber von
       Sri Lankas Hoheitsgewässern aus nicht „forschen“ darf. Doch China reagiere
       erbost auf die „brutale Einmischung“, so ein Sprecher Pekings, der aber
       weder Indien noch die USA namentlich nennen wollte.
       
       Immerhin darf das Schiff jetzt sogar bis zum 22. August in Hambantota
       liegen. Sri Lanka muss es Peking wie Delhi recht machen. Denn aus Indien
       kamen zuletzt Hilfen im Umfang von 4 Milliarden Dollar, am Montag wurden
       sogar noch zwei Überwachungsflugzeuge von Indien an Sri Lanka übergeben.
       
       Doch auch Peking stimmte jüngst einer Umschuldung Sri Lankas zu, was die
       Voraussetzung für eine dringend benötigte Einigung des Inselstaates mit dem
       Internationalen Währungsfonds (IWF) ist.
       
       16 Aug 2022
       
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