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       # taz.de -- Protestaufruf der Linkspartei: Nicht zu trauen
       
       > Die Linkspartei will den Energiepreis-Protest auf die Straße bringen.
       > Aber mit Blick auf Russland und ihre Klimapolitik ist sie wenig
       > glaubwürdig.
       
   IMG Bild: Mit Linke-Luftballons gegen die Krise demonstrieren – so wünscht sich das die Partei
       
       Wäre die Linkspartei ein Haus, würde sie wohl mit Kohle heizen: Fühlt sich
       gemütlich an, ist im Alltag aber ziemlich unpraktisch. Und ökologisch ist
       das auch nicht. Nun hat ihr Co-Vorsitzender Martin Schirdewan einen „heißen
       Herbst“ angekündigt; die Partei will Proteste gegen die Energiepolitik der
       Bundesregierung organisieren. Ist das heiße Luft – oder müssen die da oben
       nun zittern, wenn sie schon nicht frieren müssen?
       
       Es wäre begrüßenswert, wenn es tatsächlich Protest von links geben würde.
       Gründe finden sich genug: [1][Warum werden die Gaspreise nicht gedeckelt?]
       Warum müssen alle gleichermaßen für die verfehlte Energiepolitik der
       Vergangenheit bezahlen? Dass bereits vor rechten Protesten aus dem
       Wutbürgermilieu gewarnt wird, kann nicht bedeuten, dass Linke sich aus
       Staatsräson nun zurückhalten müssten. Im Gegenteil: Wenn es von links
       keinen Protest gibt, wird sich die Wut andere, reaktionäre Wege suchen.
       
       Doch wie wahrscheinlich sind solche linken Proteste? Traditionell tut man
       sich in Deutschland mit der sozialen Frage schwer. Auch die Linkspartei ist
       bisher nicht damit aufgefallen, Straßenproteste zu organisieren – man
       erinnere an den gescheiterten Versuch von Sahra Wagenknecht mit
       [2][„Aufstehen“]. Und auch die in Kleinstgruppen gespaltene
       außerparlamentarische Linke kann man sich nicht als Antreiber vorstellen.
       
       ## Klimabewegung ist geeigneter
       
       Impulse könnten am ehesten aus der Klimabewegung kommen. Sie hat bewiesen,
       dass sie jenseits traditioneller Milieus mobilisieren kann. Und in einem
       sind sich Linkspartei und Klimabewegung ähnlich: Beide verlieren Anhänger,
       beide stehen vor der Aufgabe, Forderungen nach Umverteilung und Klimaschutz
       zu verbinden. Die Linkspartei eignet sich auch deshalb nicht als Antreiber,
       weil sie in der Klimabewegung nicht als glaubwürdig gilt.
       
       Ein anderes Problem liegt in ihrer Russlandpolitik: Es ist naheliegend,
       dass bei möglichen Protesten im Herbst auch die Sanktionen infrage gestellt
       werden. [3][Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer] tut das bereits,
       in vorauseilendem Gehorsam gegenüber seinen Wutbürgern. Linke Proteste
       dürfen nicht in diese Falle gehen, dürfen die Solidarität mit der Ukraine
       nicht gegen Energiepreise ausspielen. In dieser Frage ist der Linkspartei
       nicht zu trauen.
       
       Für die Linkspartei, das alte Haus, sind Sozialproteste die dringend
       benötigte Wärmepumpe: Sie braucht Energie von außen. Soziale Proteste
       hatten die damalige PDS schon einmal gerettet, nachdem sie vor 20 Jahren
       aus dem Bundestag geflogen war. Besonders wahrscheinlich sind diese zurzeit
       nicht.
       
       16 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Energiepreiskrise-in-Berlin/!5870853
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       ## AUTOREN
       
   DIR Kersten Augustin
       
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