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       # taz.de -- Preiserhöhung auf dem Gasmarkt: Wo bleibt die Regulierung?
       
       > Schon vor dem Krieg kletterte der Gaspreis in die Höhe. Deutschland
       > bremste schon früher die Bemühungen von EU-Staaten den Preis zu deckeln.
       
   IMG Bild: Uniper-Steinkohlekraftwerks in Scholven
       
       Brüssel taz | Im Schnitt 60 Millionen, aber zeitweise bis zu 100 Millionen
       Euro am Tag: So hoch waren die [1][Verluste, die der Energiekonzern Uniper
       seit Mitte Juni im Handel mit Gas macht]. Zum Verhängnis wurde den
       Uniper-Händlern nicht nur, dass Russland den Gashahn heruntergedreht und
       damit das lukrative Geschäft mit Gazprom kaputtgemacht hat. Als massives
       Problem hat sich auch die Unberechenbarkeit des europäischen Gasmarkts
       erwiesen, auf der der Gasimporteur für Ersatz sorgen musste.
       
       Dort schwanken die Preise in einem Ausmaß, das Experten für übertrieben und
       ruinös halten. So sprang der Gaspreis am Mittwoch auf dem maßgeblichen
       niederländischen Marktplatz TTF auf 230 Euro pro Megawattstunde, das ist
       dreimal so viel wie Anfang Juni.
       
       Die Turbulenzen gibt es jedoch nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine
       oder den reduzierten Gaslieferungen aus Russland. Der Markt habe sich von
       der realen Welt abgekoppelt und werde von Angst und Spekulation getrieben,
       meinen die Experten der EU Agency for the Cooperation of Energy Regulators.
       
       So kletterte der Gaspreis bereits im Oktober 2021 – lange vor Beginn des
       Krieges – auf schwindelerregende Höhen. Die Preiskrise beherrschte da schon
       den EU-Gipfel, Spanien und Griechenland forderten mehr Regulierung. Doch
       Deutschland sträubte sich gegen Markteingriffe.
       
       ## Griechischer 6-Punkte-Plan
       
       Seither vergeht kaum ein EU-Gipfeltreffen, ohne dass die Gaskrise für
       hitzige Diskussionen unter den Staats- und Regierungschef sorgte. Im März
       legte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis einen
       6-Punkte-Plan vor. Seine Hauptforderung: ein Preisdeckel beim Gas. Doch
       wieder war Deutschland dagegen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzte die
       marktliberale Politik seiner Amtsvorgängerin Angela Merkel (CDU) fort und
       wehrte Vorstöße aus Athen, Madrid oder Paris ab.
       
       Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzt auf [2][das
       „Preissignal“, das nicht nur zu Einsparungen, sondern indirekt auch zum
       Klimaschutz beitrage]. Auch die Gasumlage, mit deren Hilfe die
       Bundesregierung nun Uniper und andere Gashändler vor der Pleite retten
       will, soll ein solches Signal sein.
       
       ## Was stimmt nicht am Marktdesign?
       
       Doch wenn die Marktpreise durch die Decke gehen – wie derzeit wieder – ist
       die Steuerungswirkung dahin. Dann trägt der Markt nicht zu einer rationalen
       Wahl, sondern zu Chaos bei.
       
       Die Debatte über eine Marktreform geht deshalb weiter. Überfällig ist sie
       längst – nicht nur wegen der Gaskrise, sondern auch wegen des Strompreises.
       Der ist durch einen komplizierten Mechanismus – den so genannten Margin
       Call – an den Gaspreis gekoppelt. Deshalb kennt auch der Strompreis nur
       noch eine Richtung: nach oben.
       
       Doch auch an dieser Front zeichnet sich keine Bewegung ab. Die EU hat zwar
       eine Untersuchung eingeleitet, um schädliche Effekte des Marktdesigns zu
       mindern, doch noch ohne Ergebnis. [3][Dasselbe gilt für den Preisdeckel,
       über den die EU nun seit fast einem Jahr diskutiert.] Die EU-Kommission
       prüft zwar verschiedene Optionen. Doch auch im Notfallplan Gas, der Anfang
       August in Kraft trat, ist der Deckel nicht enthalten. Weil Berlin weiter
       auf der Bremse steht? Oder weil die Rettung von Uniper wichtiger war?
       
       17 Aug 2022
       
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