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       # taz.de -- Arbeitskräftemangel in Deutschland: Neue Gräben tun sich auf
       
       > Der Personalmangel verschärft die soziale Spaltung: Die einen können sich
       > private Dienstleister leisten, die anderen werden unterversorgt sein.
       
   IMG Bild: Welche Tätigkeiten sind unverzichtbar? Protest für bessere Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen
       
       Wenn das Chili con Carne im ICE-Bordrestaurant nur auf der Speisekarte
       steht, wenn es dort nichts mehr zu Essen, sondern nur noch Mineralwasser
       gibt, weil die Küche zu ist, „wegen Personalmangel“, wie der verbliebene
       Kellner erklärt, dann kann man das noch mit Humor nehmen. Das ist ja wie
       früher in der DDR, denkt man.
       
       Welchen [1][Personalmangel] kann man verschmerzen, welchen nicht? Das
       könnte sich in Zukunft zu einer hochpolitischen Frage entwickeln. Denn
       Arbeitskräftemangel melden inzwischen fast alle Branchen. Am Donnerstag
       etwa verkündete der Industrie- und Handelskammertag, dass jeder dritte
       Ausbildungsbetrieb gar keine Bewerbungen auf Lehrstellen mehr erhält.
       
       Wir werden um die Frage nicht herumkommen: Welche bezahlten Tätigkeiten
       sind noch am ehesten verzichtbar, was ist hingegen systemrelevant, also für
       die Versorgung der Bevölkerung dringend notwendig, und muss daher
       öffentlich gefördert werden? Unverzichtbar sind zum Beispiel Arbeitskräfte
       in Kitas, in Schulen, in der Pflege. Kitas und Pflegeheime verhängen
       Aufnahmestopps wegen Personalmangels.
       
       Dem Arbeitskräftemangel [2][in der sozialen und medizinischen Versorgung]
       kann man nur begegnen durch bessere Gehälter, mehr Personal, im
       Zweifelsfall auch mit zusätzlichen Hilfskräften. Das erfordert womöglich
       auch etwas Flexibilität bei den Bildungsgängen, man kann nicht nur auf
       Absolvent:innen einer dreijährigen dualen Berufsausbildung hoffen. Vor
       allem aber kostet mehr Förderung mehr Geld.
       
       Werden die Arbeitsbedingungen bei den öffentlichen und halböffentlichen
       „Systemrelevanten“ nicht verbessert und damit Personal gewonnen, tun sich
       künftig neue Gräben auf. Zwischen denjenigen, die auf Einrichtungen mit
       Unterversorgung angewiesen sind und jenen, die sich dann teurere private
       Dienstleistungen und Einrichtungen mit besserer Versorgung werden leisten
       können. Diese Gräben, die sich in anderen Ländern beobachten lassen, wären
       dramatischer, als wenn es mal keinen Eintopf gibt im ICE.
       
       18 Aug 2022
       
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