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       # taz.de -- Symbolik beim Schwergewichtsboxen: Gottes Zeh aus der Ukraine
       
       > Oleksandr Usyk bleibt Box-Weltmeister. Das ist auch politisch bedeutend –
       > aber als Held im Krieg gegen Russland taugt Usyk nur bedingt.
       
   IMG Bild: Oleksandr Usyk (li.) lässt Anthony Joshua keine Chance
       
       Die Meldung ist eigentlich eine kurze: Der Profiboxer Oleksandr Usyk hat
       seinen WM-Titel im Schwergewicht gegen Anthony Joshua erfolgreich
       [1][verteidigt]. Nun ist Usyk unumstritten [2][Weltmeister] von vier
       Verbänden.
       
       Zu dieser Meldung kommen aber noch ein paar Ingredienzien: Gekämpft
       wurde nicht, wie ursprünglich vereinbart, in Kiew, sondern im Superdome von
       Dschidda in Saudi-Arabien. Den Aspekt des „Sportswashing“ sollte man also
       nicht außer Acht lassen.
       
       Zudem ist Usyk Ukrainer. Eine Weile hatte er sich sogar zur Armee gemeldet.
       An der Front, wie es mitunter vermeldet wurde, war Usyk nicht, aber genau
       diese Behauptung passt doch so gut in die vermeintliche Symbolik. Der
       ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj hat Usyks Sieg sogleich
       symbolisch eingeordnet: „Schwieriger, aber so wichtiger und notwendiger
       Sieg!“, schrieb er auf Twitter, es zeige, dass man nicht aufgeben solle und
       auf jeden Fall gewinnen werde.
       
       ## Die Klitschkos und die Ukraine
       
       Zur Symbolik mag noch gehören, dass etwa die Erfolge der Klitschko-Brüder
       die Ukraine auf die „politischen Landkarte“ hievten. Kiews Bürgermeister
       [3][Vitali Klitschko] ist hochpopulär und bestens vernetzt in EU und USA,
       und genau damit verkörpert er die Westöffnung des Landes nahezu
       idealtypisch.
       
       Dennoch verbietet sich eine symbolische Deutung des aktuellen WM-Kampfes
       als Parabel auf den aktuellen Krieg. Zum einen, weil Usyk nicht gegen einen
       Russen boxte, sondern gegen den Briten Anthony Joshua.
       
       Zudem ist Usyk gar nicht der strahlende ukrainische Held, als der er
       derzeit präsentiert wird: Noch vor einem Jahr war er in Russland weit
       beliebter. Der Hinkampf gegen Joshua wurde im russischen Fernsehen gezeigt,
       nicht im ukrainischen. Noch nach der Okkupation nannte er Russen und
       Ukrainer „ein Volk“, und seinen WM-Gürtel wolle er auf die Krim
       zurückbringen, hatte er erklärt. Die Symbolik, die Selenskyj meint, dürfte
       anders aussehen.
       
       Tatsächlich hat Oleksandr Usyk eine sportpolitische Bedeutung, aber wie so
       oft ist es nicht die, die instrumentalisierungswütige Beobachter ausgeguckt
       haben. Das Profischwergewichtsboxen der Männer, dessen Titelträger doch,
       einem Wort Norman Mailers gemäß, jeweils der „große Zeh Gottes“ seien, wird
       seit beinah dreißig Jahren von Boxern dominiert, die entweder aus
       Großbritannien kommen oder aus Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Usyk steht
       eher in einer Reihe derer, die osteuropäische Ansprüche verkörpern.
       
       21 Aug 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Krauss
       
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