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       # taz.de -- Krise beim rbb: Schlesinger muss gehen
       
       > Der rbb-Rundfunkrat hat Patricia Schlesinger als Intendantin abberufen.
       > Schlesinger trat in der Sitzung überraschend auf – und entschuldigte
       > sich.
       
   IMG Bild: Proteste am Montagnachmittag vor dem rbb
       
       Berlin taz | Mit Kameras und Mikrofonen kennen sie sich aus beim rbb. Sie
       gehören zum Wesen des Senders. Dass auf den Mikros, die am Montagnachmittag
       vor dem Sendegebäude aufgebaut waren, allerdings nicht die roten
       rbb-Aufkleber klebten, sondern die von ZDF, Bild und Servus TV, das war
       ziemlich ungewöhnlich.
       
       Die Journalist*innen der Konkurrenz interessierten sich für die
       [1][entscheidende Sitzung] des Rundfunkrats. Er sollte an diesem Nachmittag
       über die Abberufung von Patricia Schlesinger als Intendantin des rbb
       beraten. Um das ob, schien es dabei nicht mehr zu gehen, sondern nur noch
       um das wie.
       
       Und so war nach zweieinhalb Stunden Sitzung klar: Das Gremium beruft
       Patricia Schlesinger ab. 22 Mitglieder stimmten dafür, es gab eine
       Enthaltung. Gekündigt ist sie damit noch nicht. Auch ist damit noch nicht
       geklärt, ob Schlesinger abgefunden werden muss und was die Abberufung für
       ihre Pensionsansprüche bedeutet. Mit den Details der Vertragsauflösung wird
       sich der Verwaltungsrat in den kommenden Tagen beschäftigen.
       
       Zu Beginn der Sitzung war Schlesinger überraschend persönlich aufgetreten.
       Gefasst und nüchtern habe sie gewirkt, berichten Mitglieder des
       Rundfunkrats. Sie habe sich bei den Mitgliedern des Gremiums und bei allen
       Mitarbeitenden entschuldigt. Die Süddeutsche Zeitung [2][zitierte vorab]
       aus ihrem Redemanuskript, wonach sie sagte: Sie habe manches übersehen, das
       tue ihr unendlich leid – professionell wie menschlich.
       
       ## Die Vorwürfe
       
       In den vergangenen Wochen hatten Recherchen des Wirtschaftsmagazins
       Business Insider aufgedeckt, wie Schlesinger sich womöglich über Jahre
       finanzielle [3][Vorteile verschaffte]: Es geht um [4][private Abendessen
       auf Kosten des rbb], um Boni, die sie sich ausgehandelt haben soll, und um
       den teuren Umbau ihrer Chefetage. Außerdem soll der rbb-Verwaltungsratschef
       Wolf-Dieter Wolf, der gleichzeitig Aufsichtsrat der Berliner Messe ist,
       Schlesingers Ehemann fragwürdige Beraterjobs vermittelt haben.
       
       In der Sitzung des Rundfunkrats nahm Schlesinger Stellung zu den Vorwürfen:
       Die hohen Kosten für den Umbau der Chefetage, wohl rund 1,4 Millionen Euro,
       seien unter anderem durch überfällige Brandschutzsanierung zustande
       gekommen. Der Rabatt für Ihren Dienstwagen sei nicht ihr, sondern dem
       Sender zugute gekommen. Die Abendessen, zu denen sie wichtige
       Persönlichkeiten aus Berlin eingeladen hatte, habe sie als
       „Austauschformat“ wahrgenommen. Das würde sie so nicht mehr machen, sagte
       sie laut Süddeutscher Zeitung. Nach ihrem Statement verließ Schlesinger den
       Saal.
       
       Der Rundfunkrat habe daraufhin eine konstruktive Debatte geführt,
       berichteten mehrere Mitglieder im Anschluss der taz. Über den genauen
       Wortlaut des Abberufungsbeschlusses habe man heftig diskutiert. Das hat
       auch juristische Gründe, denn die genaue Formulierung soll es dem
       Verwaltungsrat ermöglichen, Schlesinger ohne Anspruch auf eine Abfindung zu
       kündigen.
       
       Zur Diskussion stand auch die Frage, welche Fehler die Aufsichtsgremien –
       also der Rundfunkrat selbst, aber auch der Verwaltungsrat – gemacht hätten.
       Das will der Rundfunkrat in den kommenden Wochen aufarbeiten. Dann soll
       auch darüber beraten werden, wer Patricia Schlesinger als Intendant*in
       nachfolgen soll.
       
       ## Die Wut der Mitarbeitenden
       
       Während der Rundfunkrat am Montagnachmittag seine Sitzung begann,
       protestieren vor der Tür etwa einhundert Mitarbeiter*innen. Sie wollten dem
       Rundfunkrat zeigen, was sie jetzt von ihm erwarten: „Stopp dem Filz“ und
       „restart rbb“ stand auf ihren Schildern.
       
       Unter der Belegschaft herrscht noch immer [5][Wut], nicht nur auf
       Schlesinger, sondern auf große Teile der Geschäftsleitung. Viele
       Angestellte hoffen allerdings, dass mit diesem großen Knall jetzt auch die
       Chance auf einen Umbau des Senders einhergeht. Sie hoffen auf flachere
       Hierarchien, mehr Mitsprache und mehr Transparenz.
       
       16 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schlesinger-Affaere-beim-RBB/!5874376
   DIR [2] https://www.sueddeutsche.de/medien/schlesinger-rbb-rundfunkrat-1.5639601
   DIR [3] /RBB-Intendantin-Patricia-Schlesinger/!5870432
   DIR [4] /Vorteilsnahme-und-Verschwendung/!5871761
   DIR [5] /RBB-Reporter-ueber-die-Schlesinger-Affaere/!5873821
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
       
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