# taz.de -- Reform des Strommarkts: Zwischen Entwarnung und Panik
> Minister Habeck setzt auf Entlastung von Verbrauchern. Kommissionschefin
> von der Leyen will in den Energiemarkt eingreifen – eine gefährliche
> Idee.
IMG Bild: Unterschiedliche Konzepte: Robert Habeck und Ursula von der Leyen am Montag in Berlin
Robert Habeck rudert zurück. Vor wenigen Tagen hatte er noch gesagt, er
wolle den Strompreis vom Gaspreis entkoppeln. Das klang, als wolle er die
gesamte [1][Marktlogik des Stromhandels] über den Haufen werfen. Da bereits
im Koalitionsvertrag steht, man wolle ein „neues Strommarktdesign
erarbeiten“ (wobei noch niemand erklären konnte, was das konkret heißt),
musste man auf alles gefasst sein.
Nun folgte eine gewisse Entwarnung. Habeck stellte – was nur vernünftig ist
– klar, dass er an der Preisbildung im europäischen Stromgroßhandel nicht
rütteln will. Der Mechanismus, wonach immer das letzte gerade noch nötige
Kraftwerk die Preise setzt, basiert schließlich auf ökonomischen
Grundrechenarten. Das Konzept hat niemand erfunden, es folgt einer
inhärenten Logik. Jedes andere Modell würde die Funktion des Strommarkts
gefährden und damit die Versorgung.
Ob das auch [2][EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen] weiß? Sie
brachte – ohne Details zu nennen – kurzfristige Eingriffe in die
europäischen Energiemärkte ins Spiel, die eher nach gefährlicher Panik
klingen als nach einem durchdachten Konzept. Dagegen setzt Habeck auf
eines, das grundsätzlich funktionieren kann: Er will lediglich die
Endkundenpreise von den Börsenpreisen entkoppeln, indem [3][eine
Übergewinnsteuer] die Preise für Verbraucher subventioniert. Details sind
auch hier noch offen.
Zwei grundsätzliche Fragen stellen sich trotzdem bereits. Zum einen: Warum
eine Übergewinnsteuer? Jeder Gewinn sollte angemessen besteuert werden,
eine steuerrechtliche Unterscheidung zwischen guten und schlechten Gewinnen
ist eine schräge Idee. Zum zweiten: Ist es klug, in Zeiten von
Energieknappheit die Preise staatlich zu kappen? Sinnvoller wäre es, das
Geld, das sich der Staat von allen gut verdienenden Unternehmen unbedingt
holen sollte, direkt an die Bürger auszuschütten. Dann bliebe der Anreiz
zum Energiesparen durch hohe Preise erhalten – und die Bürger würden
entlastet.
30 Aug 2022
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## AUTOREN
DIR Bernward Janzing
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