# taz.de -- Debatte über Geflüchtete: Die Solidarität ist noch da
> Vor sieben Jahren ertrank der zweijährige Aylan Kurdi im Mittelmeer. Sein
> Tod verpflichtet bis heute zu einem solidarischen Umgang mit
> Geflüchteten.
IMG Bild: Kerzen und Kinderschuhe erinnern am Jahrestag an den zweijährigen Aylan Kurdi, der 2015 im Mittelmeer ertrunken ist
Typisch für eine „Sommerdebatte“ ist ihre Kondition: Über Wochen hinweg war
sie in diesem Jahr mit dem Thema „Duschen“ befasst. Zur Erinnerung:
Wirtschaftsminister Habeck hatte Ende Juni gegenüber dem Spiegel erklärt,
er habe seine persönliche Duschzeit wegen der [1][Energieknappheit] „noch
mal deutlich verkürzt“. Die Reaktionen kamen prompt: Dies sei
„Verzichtspropaganda“ empörten sich die einen, andere kommentierten Habecks
Bemerkungen süffisant als „Kalt duschen gegen Russland“.
Die Ursache dieser Debatte liegt in der Ukraine: Der Krieg dort hat
Millionen in die Flucht getrieben, bereits Tausende im Bombenhagel das
Leben gekostet, Familien auseinandergerissen. Dieses massenhafte Schicksal
ist die eigentliche Krisenthematik. Aber die Aufmerksamkeit hat sich
verschoben, weg von den Kriegsereignissen und Todesnachrichten, weg von der
Situation der geflüchteten Ukrainer*innen in Deutschland, hin zu dem,
was diese Nation umtreibt.
Das erinnert an den medialen Diskurs 2015/16. Auch damals ging es innerhalb
kurzer Zeit nicht mehr um Geflüchtete, sondern um „uns“, „unsere“
Belastungsgrenze, „unsere“ Sicherheit und, ausgelöst durch die
[2][Silvesternacht 2015], um „unsere“ Frauen. Man kann diesen
Aufmerksamkeitsschwund für Geflüchtete beklagen, wie es jüngst der
Soziologe Armin Nassehi getan hat. Man kann aber auch auf das schauen,
worüber kaum mehr berichtet wird: Da sind Tausende, damals wie heute, die
Geflüchteten zur Seite stehen, sie bei Behördengängen begleiten, sich um
die Einschulung der Kinder bemühen, Sprachunterricht erteilen, dolmetschen,
eine Wohnung besorgen.
Am 2. September 2015 ist der zweijährige [3][Aylan Kurdi] leblos am Strand
von Bodrum aufgefunden worden, vermeintlich schlafend, nur mit einem
T-Shirt, einem kurzen Höschen und Turnschuhen bekleidet. Die internationale
Bestürzung über dieses Bild war nach wenigen Tagen verebbt. Aber seinen Tod
erinnern noch heute viele in der Flüchtlingshilfebewegung, ihre Solidarität
mit Geflüchteten bleibt lebendig.
1 Sep 2022
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## AUTOREN
DIR Uwe Becker
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