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       # taz.de -- Mehr Geld für Pflegekräfte: Jetzt kommt die Nebenwirkung
       
       > Auch in der Pflege drängt jetzt die Frage nach solidarischer
       > Finanzierung. Sonst treiben höhere Löhne die Bedürftigen in die Armut.
       
   IMG Bild: Spaziergang aus dem Altenheim
       
       Eigentlich ist der 1. September ein guter Tag für die Pflege: Die Entgelte
       der Pflegekräfte steigen dank einer Tariftreueregelung, die jetzt auch
       private Pflegeheimbetreiber dazu zwingt, Tariflöhne zu zahlen. Eine am
       Donnerstag veröffentlichte Bürgerbefragung des Beamtenbundes ergab zudem,
       dass Pflegekräfte im Ansehen der Bevölkerung sehr weit oben stehen. Es gibt
       Verbesserungen – nur leider hat man irgendwie in der Politik vergessen, wer
       diese eigentlich bezahlen soll.
       
       Preise und Löhne steigen, und [1][Pflegeheimbetreiber verlangen von den
       Bewohner:innen heftige Aufschläge], das ist die Nebenwirkung. Die
       Pflegekassen [2][fangen die Preiserhöhungen] kaum ab. Da ist sie wieder,
       die alte Panik vor allem in der Mittelschicht, die man noch aus den Zeiten
       vor der Einführung der Pflegeversicherung in den 90er Jahren kannte: ins
       Heim zu müssen, Haus und Sparguthaben zu verlieren und zum sogenannten
       Sozialfall zu werden. Das war und ist das Schreckgespenst.
       
       Früher hoffte man einfach, dass es in der Familie niemanden erwischt. Die
       Menschen starben früher, Oberschenkelhalsbrüche endeten tödlich, es kam
       seltener zu Demenzen, der Pflegeaufwand war geringer.
       
       Die Zeiten haben sich geändert und wir stehen vor den alten Alternativen:
       Entweder das Lebensrisiko der Pflegebedürftigkeit wird wieder
       individualisiert, dann müssen Betroffene entweder bei der ambulanten
       Versorgung sparen oder verstärkt die Hilfe des Sozialamtes in Anspruch
       nehmen und vorher ihre Vermögen aufbrauchen. Oder es muss zusätzliche
       Finanzierungsmodelle für diese Dienstleistung geben, entweder durch eine
       Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung oder Hilfe aus Steuergeldern.
       
       Die Pflege ist neben Krieg, Klima und Inflation ein weiteres Feld, in dem
       sich Fragen nach einer solidarischen Finanzierung und der Verteilung von
       Belastungen stellen. Sich wegzuducken, weil der Zeitpunkt für eine weitere
       Entlastungsdebatte leider ungünstig ist, wird dem Gesundheitsminister dabei
       nicht helfen.
       
       1 Sep 2022
       
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   DIR Barbara Dribbusch
       
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