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       # taz.de -- Parteiwechsel in Hamburg: CDU freut sich über Ex-AfDler
       
       > Jörn Kruse, einst Mitbegründer der AfD, ist nach längerer Parteilosigkeit
       > in die CDU gewechselt. Dort hat man kein Problem mit seiner
       > Vergangenheit.
       
   IMG Bild: Zog es von der AfD in die CDU: Jörn Kruse
       
       Hamburg taz | Altes Gesicht, neue Partei: In Hamburg hat sich der frühere
       AfD-Chef der Bürgerschaftsfraktion und des Landesverbandes Jörn Kruse der
       CDU angeschlossen. Von seiner Seite aus ist das nicht sonderlich
       überraschend. Kruse, einst Gründungsmitlied der AfD hatte der Partei schon
       2018 den Rücken gekehrt. Vor zwei Jahren sagte er in einem Interview, dass
       er sich ein parteipolitisches Comeback bei der CDU vorstellen könne – falls
       es Friedrich Merz zum Kanzlerkandidaten der Union bringen würde.
       
       Diese Bedingung gibt Aufschluss über Kruses Haltung: Der Ex-AfDler vertritt
       neoliberale Wirtschaftsvorstellungen und [1][gibt sich wertkonservativ.]
       Eine Position, die extrem-rechte Ausschläge nicht ausschließt: Im Wahlkampf
       bezeichnete Kruse Frauen in Burkas als „schwarze Monster“, als
       Bürgerschaftsabgeordneter wollte er per Kleiner Anfrage wissen, wie häufig
       der Name „Mohammed“ in Hamburg vorkomme.
       
       Kurz [2][vor seinem Parteiaustritt 2018] behauptete der heute 73-Jährige in
       einem Interview, dass etwa ein Prozent der hier lebenden Muslime mit
       Kalaschnikows und Messer ihren Zielen Nachdruck verleihen würden.
       
       Bereits 2020 soll Kruse sich um eine CDU-Mitgliedschaft bemüht haben.
       Damals ohne Erfolg. Am Montag stimmte der CDU-Kreisvorstand Hamburg-Nord
       dann einstimmig für die Aufnahme: „Die CDU war immer dann erfolgreich, wenn
       sie christlich-soziale, liberale und konservative Strömungen vereint hat“,
       sagte der CDU-Landesvorsitzende Christoph Ploß.
       
       ## Innere Spannungen in der AfD
       
       Das der Ex-AfDler nun gerade bei diesem Kreisverband aufgenommen wurde,
       dürfte kein Zufall sein. Ploß selbst steht ihm vor. Und der
       CDU-Bundestagsabgeordnete hat sich mehr als einmal als Fan von Merz und
       Feind einer gendergerechten Sprache positioniert.
       
       Kruses Weg weg von der AfD zeichnete sich schon länger ab: Bei einer
       AfD-Wahlkampfveranstaltung im Jahr 2015 gab es die ersten Spannungen
       zwischen ihm und der Partei. Damals griff er in einer Rede die Attentate in
       Paris auf. „Leider ist es viel früher passiert, als ich gehofft habe“,
       sagte er. Applaus brauste auf, der ihm unangenehm war. Er hatte das nicht
       sagen wollen, sondern sich versprochen. Vielleicht hätte er die AfD
       verlassen sollen, als in solchen [3][Momenten der Rechtstrend sichtbar]
       wurde.
       
       Doch auch als seine Lebensgefährtin die AfD 2015 verließ, da sie eine
       „hoffnungslos nach rechts treibende Partei der Ewiggestrigen“ sei, blieb
       Kruse und hielt sich mit öffentlicher Kritik zurück. Auch dann noch, als
       2016 herauskam, dass Fraktionsmitarbeiter [4][neu-rechte Hintergründe]
       hatten und 2017 ein Liederbuch des heutigen AfD-Bürgerschaftsfraktionsvizes
       Alexander Wolf mit NS-Liedern publik wurde.
       
       Nach dem Sturz des ersten Bundesvorsitzenden Bernd Lucke 2015, verließ
       Kruse aber die Programmkommission der Partei und kritisierte 2016 das
       Programm als „vorgestrig und frauenfeindlich“. Der Landesverband mahnte ihn
       ab. Der parteiinterne Zuspruch sank weiter, als er im August 2018 die
       Aussage eines Landesvorsitzenden der Jungen Alternative kritisierte, der
       den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Verräter und
       Feigling bezeichnet hatte.
       
       Auch eine Demo von AfD und Pegida im September kritisierte er. In einer
       E-Mail an Partei und Fraktion beklagte er, „die zunehmende Zusammenarbeit
       von Teilen der AfD mit Rechten und Rechtsradikalen“.
       
       Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts hält Kruse vor, erst
       gegangen zu sein, „als die Stimmen für eine geheimdienstliche Beobachtung
       der AfD unüberhörbar wurden“. Dass die CDU einen Förderer rassistischer
       Politik zum prominenten Mitglied mache, sage viel über den zukünftigen Kurs
       der Partei aus.
       
       4 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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