# taz.de -- Konflikt Spanien-Katalonien: Amtsenthebung unrechtmäßig
> Spanien hat bezüglich des Unabhängigkeitsreferendums die Rechte
> katalanischer Politiker verletzt. Das befindet der
> UN-Menschenrechtsausschuss.
IMG Bild: Oriol Junqueras nach der Freilassung aus dem Gefängnis bei Barcelona im Juni 2021
Madrid taz | Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen kam am
Mittwoch zu dem Schluss, dass Spanien die politischen Rechte mehrerer
katalanischen Politiker verletzt hat. Geklagt hatten der
Ex-Vizeregierungschef der nordostspanischen Region Katalonien, Oriol
Junqueras, sowie drei Minister der Autonomieregierung.
Im Oktober 2017 wurden sie nach einem von der spanischen Zentralregierung
in Madrid [1][untersagten Unabhängigkeitsreferendum] ihrer Ämter enthoben,
als Autonomieparlamentarier suspendiert und kamen unter dem Vorwurf des
„Aufstandes“ in Untersuchungshaft. Sie wurden später zu bis zu 13 Jahren
Haft verurteilt und [2][mittlerweile begnadigt].
Die vier hatten noch vor dem Urteil aus der Untersuchungshaft heraus
geklagt. Amtsenthebung und Suspendierung hätten ihre politischen Rechte als
Volksvertreter verletzt, argumentierten sie. Die spanische Regierung
hingegen gab an, dass der Volkswille gewahrt worden sei, da sie durch
Nachrücker ersetzt worden seien.
Der Menschenrechtsausschuss gab den Klägern recht. Er sieht den Artikel 25
des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verletzt.
Dieser sichert allen Bürgern die freie Teilnahme „an der Gestaltung der
öffentlichen Angelegenheiten unmittelbar oder durch frei gewählte
Vertreter“ zu. Das sei „das Wesen einer demokratischen Regierung“, [3][so
das 17-seitige Dokument]. Unabhängig von der Verfassungs- oder
Regierungsform eines Staates könne die Ausübung dieser Rechte nicht
ausgesetzt oder verweigert werden, „außer aus den in der Gesetzgebung
vorgesehenen Gründen, die vernünftig und objektiv sind und faire und
gerechte Verfahren beinhalten“. Da die vier zum Zeitpunkt ihrer Klage nicht
rechtskräftig verurteilt waren, hätten sie weiterhin das Recht gehabt, als
Volksvertreter zu fungieren.
14 der 17 Mitglieder des Menschenrechtsausschusses schlossen sich der
Verurteilung an. Ein spanisches Ausschussmitglied enthielt sich der Stimme.
Die restlichen beiden sehen das Vorgehen Spaniens als „verhältnismäßig“ an.
Der Ausschuss räumt Spanien eine Frist von 180 Tagen ein, um Maßnahmen
vorzulegen, die verhindern, dass sich ein solcher Verstoß gegen politische
Rechte wiederholt. „Wenn eine Regierung will, dass ihr Staat als normale
Demokratie angesehen wird, muss sie das erfüllen“, erklärte der Anwalt der
vier.
1 Sep 2022
## LINKS
DIR [1] /Konflikt-um-Katalonien/!5802083
DIR [2] /Spaniens-Konflikt-mit-Separatisten/!5780101
DIR [3] https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CCPR%2fC%2f135%2fD%2f3297%2f2019&Lang=en
## AUTOREN
DIR Reiner Wandler
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