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       # taz.de -- Airline-Reste stehen zum Verkauf: Bieterfrist für Alitalia endet
       
       > In Italien will die Noch-Regierung unter Mario Draghi ein neues Desaster
       > für die Steuerzahler verhindern. Die Bieterfrist läuft am Montag ab.
       
   IMG Bild: Mit Lufthansa neu abheben? Airbus A320 von ITA Airways
       
       Rom taz | Steigt die Lufthansa [1][bei der italienischen Fluglinie ITA
       ein], der Nachfolgegesellschaft der pleitegegangenen Alitalia? Nach dem
       Ablauf der Bieterfrist am Montag um Mitternacht wird Italiens noch
       amtierende Regierung unter Mario Draghi entscheiden müssen, ob sie den
       Verkauf noch vor den Neuwahlen des Parlaments am 25. September abwickeln
       will – oder ob sie die Entscheidung am Ende ihrer Nachfolgeregierung
       überlässt.
       
       ITA Airways ist erst seit Oktober 2021 aktiv und befindet sich in
       Staatsbesitz. Im letzten Jahr hatte die Regierung die [2][alte Alitalia
       abgewickelt], die nur noch als Bad Company existiert und mit der Verwaltung
       der immensen Altschulden betraut ist. Die Aktivposten dagegen gingen an die
       neue ITA über, eine deutlich geschrumpfte Gesellschaft, die mit gerade
       einmal 2.600 Beschäftigten nur noch 39 Ziele anfliegt statt der zuletzt
       etwa 100 von Alitalia bedienten Destinationen.
       
       Von Anfang an sollten private Investoren für die ITA gewonnen werden. Um
       ihnen den Einstieg schmackhaft zu machen, wurden auch die Gehälter gesenkt.
       So erhalten Chefpilot*innen nur noch 6.200 Euro monatlich brutto,
       weniger als die Hälfte des Verdiensts ihrer Kolleg*innen bei Lufthansa
       oder Air France. Flugbegleiter*innen müssen sich mit
       Einstiegsgehältern von gut 1.600 Euro zufriedengeben – Alitalia zahlte
       2.500 Euro.
       
       Am Ende erhielt die Regierung Draghi zwei Angebote. Das erste kam von der
       Großreederei MSC und der Lufthansa. Die beiden wollen 850 Millionen Euro
       auf den Tisch legen, um 80 Prozent der ITA zu übernehmen, während 20
       Prozent in Staatsbesitz bleiben sollen.
       
       ## Nicht das erste Mal
       
       Das zweite Angebot gab der Kapitalfonds Certares ab, der jedoch nur 55 bis
       60 Prozent des ITA-Kapitals übernehmen und deshalb 200 Millionen Euro
       weniger zahlen will – zugleich angeblich aber bereit ist, der italienischen
       Regierung einen größeren Einfluss auf die Unternehmenspolitik zuzugestehen.
       Als industrielle Partner hat Certares bei einer Übernahme der italienischen
       Fluglinie sowohl Delta Airlines als auch Air France-KLM an Bord.
       
       Schon Anfang August hatte Mario Draghi erklärt, er wolle das Geschäft auf
       jeden Fall noch vor den Wahlen abwickeln. Giorgia Meloni dagegen,
       Anführerin des klar favorisierten Rechtsbündnisses, reklamiert die
       Entscheidung für die neue Regierung, die nach den Wahlen ins Amt gelangt.
       Eine solche Situation hatte Italien schon einmal, im Jahr 2008.
       
       Damals wollte die scheidende Mitte-links-Regierung unter Romano Prodi
       Alitalia an Air France verkaufen für 1,7 Milliarden Euro, und die Details
       waren schon ausgehandelt. Doch im Wahlkampf schoss der favorisierte
       Rechtskandidat quer und verlangte, Alitalia müsse „italienisch“ bleiben.
       Die Folge: Air France zog sich zurück. Der Staat verzichtete auf 1,7
       Milliarden Euro Einnahmen von Air France und musste in den Folgejahren
       weitere 3 Milliarden bereitstellen, um die Schulden der Alitalia
       auszugleichen.
       
       22 Aug 2022
       
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