# taz.de -- Neuer Ludwigshafen-„Tatort“: Hauptrolle Frauenhass
> Manches passt, manches passt nicht in diesem „Tatort“: Lena Odenthal
> lässt sich von dem Lauch provozieren und gefährdet damit die Ermittlung.
IMG Bild: Kessler (Götz Otto) verliert seine Verbindlichkeit und Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) die Geduld
Wenn eine Story in die Ludwigshafener „Tatort“-Filiale passt, dann diese:
Misogyner Kotzbrocken als Hauptverdächtiger, der die ganze Zeit schmierig
grinst und während der Vernehmung tourettemäßig anfängt, der Kommissarin
„Fotze! Fotze!“ entgegenzubrüllen.
Wenn eine Story nicht in die Ludwigshafener „Tatort“-Filiale passt, dann
diese: Die sonst so entschlossene, klar handelnde Hauptkommissarin Lena
Odenthal, seit über 30 Jahren im Dienst, lässt sich von dem Lauch total
easy provozieren, gefährdet damit die Ermittlung und weitere Opfer,
irgendwann ruft sie sogar: „Ich hoffe, Sie ersticken an Ihrem Frauenhass!“
Und damit willkommen zurück aus der TV-Krimi-Sommerpause. Der Fall des
neuen SWR-„Tatorts“ „Das Verhör“: Frauenleiche in den Pfälzer Rheinauen,
daneben Tauchsieder, Benzin, verschmorte Plastikfolie. Angezündet auf einem
Scheiterhaufen aus Reisig. Das Opfer war Geschäftsführerin, geschieden, mit
5-jährigem Kind. Ein Kollege sah, dass sie am Abend zuvor neben einem Typen
im Tarnfleck aus der Bürotiefgarage fuhr, Überwachungskameras rund um den
Fundort zeigen einen Pick-up-Truck.
Das Ermittlungsduo Odenthal (Ulrike Folkerts) und Stern (Lisa Bitter)
landet damit bei Pick-up-Besitzer Hauptmann Kessler (aktueller
„Tatort“-Dauergast Götz Otto, der nicht mal wirklich gut spielt) und seinem
Bundeswehrkollegium. Und der Ex-Mann taucht auch zwischendurch auf.
## Story nur Komparsin
Der Titel signalisiert schon: Die Folge ist vor allem Kammerspiel im
Verhörraum – mit Odenthal und Kessler. Ja, vieles an der Story über
Frauenhass ist erstaunlich zeitgemäß für diese Krimireihe, sogar der
Oberstaatsanwalt (Max Tidof) nennt den Femizid geradeheraus „Femizid“.
Leider übernimmt das Thema die Hauptrolle, die Story ist nur Komparsin in
diesem Film von Esther Wenger (Regie) und Stefan Dähnert (Drehbuch). Für
den Fall selbst, also eine plausible, indizienbasierte Ermittlung, bleibt
keine Erzählzeit übrig hinter Sätzen wie: „Der Mann hat Annkatrin Werfel
bei lebendigem Leib verbrannt, nur weil sie eine Frau ist.“ – „Testosteron
ist doch ihr persönlicher Treibstoff, Herr Kessler.“ – „Männer jenseits
ihres Bedeutungszenits sind brandgefährlich.“
Erst in den letzten Minuten scheint auf, dass es mehr als einen Täter geben
könnte. Was das meint, muss hier vorab schwammig bleiben, logo. Nur so
viel: Es ist genau dieser Kontext, der die gesellschaftspolitische Relevanz
von Frauenhass und seinen Folgen ausmacht. Hätte dem Film gut getan, wenn
die Redaktion das gemerkt hätte.
4 Sep 2022
## AUTOREN
DIR Anne Haeming
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