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       # taz.de -- Strompreisdeckel und Übergewinnsteuer: Von der Leyen ohne Tabus
       
       > Gegen hohe Energiepreise: die EU-Kommission schlägt einen
       > Strompreisdeckel und eine Art der Übergewinnsteuer vor, die auch die FDP
       > befürworten könnte.
       
   IMG Bild: Ein Preisdeckel für Strom soll befristet eingeführt werden
       
       Brüssel taz | Die EU-Kommission will gegen die [1][Preisexplosion am
       Strommarkt] vorgehen und dabei auch an Tabus rütteln. So sprach sich
       Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) überraschend für eine
       Variante der umstrittenen Übergewinnsteuer aus. Außerdem soll es befristete
       [2][Preisdeckel] für Strom geben, der nicht aus Gas erzeugt wird. Dadurch
       könnten erneuerbare Energien günstiger werden.
       
       Bisher hatte sich von der Leyen stets gegen Eingriffe in den Markt
       ausgesprochen. Mehrere Vorstöße aus Frankreich und Spanien wurden
       abgewehrt. Das liberale europäische Marktdesign, das den Strompreis an den
       teuersten Energieträger (derzeit Gas) bindet, habe sich bewährt, hieß es in
       Brüssel.
       
       Doch angesichts von Mondpreisen von über 1.000 Euro pro Megawattstunde
       setzt ein Umdenken ein. Von der Leyen sprach sich im ZDF dafür aus, „die
       überbordenden Gewinne“ von Stromerzeugern teilweise abzuschöpfen, „um
       gezielt kleine Einkommen und vulnerable Unternehmen zu unterstützen“.
       
       Allerdings soll es sich nur um eine vorübergehende Abgabe handeln, nicht um
       eine Steuer. Von der Leyen kommt mit diesem Vorschlag den deutschen Gegnern
       einer Übergewinnsteuer entgegen, [3][etwa in der FDP].
       
       ## Vorbereitung auf Krisentreffen
       
       Auch eine Änderung am Marktdesign ist plötzlich möglich. In einem
       Diskussionspapier, das an die deutsche Presse durchgestochen wurde, spricht
       die EU-Kommission von einem „Preisdeckel“ für all jene Stromerzeuger, die
       niedrigere Betriebskosten haben als Gaskraftwerke. Er würde den
       Großhandelspreis anders als ein „echter“ Preisdeckel nicht senken, aber den
       Verbrauchern von Strom aus Sonne und Wind zugute kommen.
       
       Einen generellen Preisdeckel für Gas, wie ihn einige EU-Länder bereits
       praktizieren, soll es nach dem Willen der Brüsseler Behörde nicht geben.
       Zuletzt hatte sich Belgien für ein solches Preislimit ausgesprochen. Auch
       eine EU-weite Übergewinnsteuer ist bisher nicht geplant. Dabei hat sie sich
       in Italien bewährt – dort soll sie 10 Milliarden Euro pro Jahr in die
       Staatskasse spülen.
       
       Mit ihren Vorschlägen bereitet die Kommission ein Krisentreffen der
       EU-Energieminister am kommenden Freitag vor. Dort werden allerdings keine
       Beschlüsse erwartet. Vor allem Deutschland steht auf der Bremse. Das größte
       EU-Land ist mit der Gasumlage einen Sonderweg gegangen und setzt auf den
       Markt, um die Energiewende voranzutreiben.
       
       ## Milliarden für Uniper
       
       Hohe Preise könnten zu Einsparungen führen und den Umstieg fördern, heißt
       es in Berlin. Allerdings musste Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
       (Grüne) bereits mehrfach intervenieren, um negative Folgen der Marktexzesse
       abzuwehren.
       
       So sicherte Habeck dem Energiekonzern Uniper staatliche Milliardenhilfen
       zu, um ihn vor der drohenden Pleite zu retten. Weil günstige Gaslieferungen
       aus Russland ausbleiben, muss sich Uniper zu horrenden Preisen mit Gas vom
       europäischen Markt eindecken, was zu riesigen Verlusten führt.
       
       Ein weiteres Problem ist, dass der Energiemarkt von der realen Welt
       entkoppelt ist. So fielen die Preise für Gas und Strom in der vergangenen
       Woche, obwohl Russland die Gaslieferung über die Ostseepipeline Nord Stream
       1 am Mittwoch für vorerst drei Tage unterbrochen hat. Experten sprachen vom
       Platzen einer spekulativen „Preisblase“.
       
       Im Europaparlament stießen die Vorschläge der Kommission auf ein positives
       Echo. Er begrüße einen Gaspreisdeckel, sagte der Sprecher der deutschen
       Grünen, Rasmus Andresen. „Ein europäischer Gaspreisdeckel von maximal 100
       Euro könnte Armut – und eine tiefe Krise – verhindern“. Der
       parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe, Markus Pieper (CDU),
       nannte die Pläne eine „wirksame Entlastung für private Stromkunden und
       Wirtschaft“. Die Markteingriffe müssten aber „zeitlich begrenzt bleiben“.
       
       2 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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