URI: 
       # taz.de -- Neuer Tesla-Wald in Brandenburg: Experiment mit offenem Ausgang
       
       > Für die Rodungen in Grünheide musste Tesla einen neuen Wald pflanzen
       > lassen. Der Ersatzwald in Grunow wurde nun erstmals begutachtet.
       
   IMG Bild: Axel Behmann, Hans-Jürgen Sturies und Anne Schöps von der Flächenagentur auf der Neuwaldfläche
       
       Grunow taz | Isabell Hiekel ist beeindruckt. „Ich hätte nicht gedacht, dass
       die Neupflanzung nach diesem trockenen Sommer so aussieht“, sagt die grüne
       Landtagsabgeordnete am Freitag im ostbrandenburgischen Grunow. Hiekel hat
       zur Exkursion eingeladen, um eine erste Zwischenbilanz beim sogenannten
       Tesla-Wald zu ziehen. Auch zwei Vertreter von [1][Tesla] sind zum
       Vorort-Termin gekommen.
       
       In Grunow hatte das Projekt [2][„Naturraum für Generationen“] im Januar 150
       Hektar Neuwald gepflanzt. Insgesamt soll in den kommenden Jahren auf 520
       Hektar neuer Wald zwischen Beeskow und Grunow im Landkreis Oder-Spree
       entstehen. Der größte Teil davon ist eine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme
       für die Rodung von 173 Hektar Kiefernforst in Grünheide durch den
       US-Autobauer.
       
       Auf der Bundesstraße 246 von Grunow Richtung Beeskow zeigt Axel Behmann
       eine Fläche, auf der er Stieleichen angepflanzt hat. Der Geschäftsführer
       von „Naturraum für Generationen“, der die Aufforstung im Auftrag der
       [3][Flächenagentur des Landes Brandenburg] vornimmt, erklärt, dass er an
       dieser Stelle umplanen musste. Ursprünglich sollte die Pflanzung von Klee
       einen organischen Waldboden simulieren. „Aber wir haben die Mäuse
       unterschätzt“, sagt Behmann. Nun wird der Klee maschinell wieder entnommen,
       damit sich die Nager nicht verstecken können. Auf der Fläche stehen
       Ansitzstangen für Raubvögel. Mit ihnen versucht Behmann, der Mäuseplage
       Herr zu werden.
       
       ## Den Buchen geht es schlecht
       
       Mitgebracht hat Axel Behmann seinen Förster Hans-Jürgen Sturies. „Was wir
       pflanzen, ist entweder ein Fehler für die nächsten 100 Jahre oder die
       richtige Entscheidung“, sagt Sturies und stellt fest, dass vor allem die
       Ahornsetzlinge gut durch den Sommer gekommen sind. „Auch die Traubeneiche
       sieht gut aus.“
       
       Nicht ganz so gut geht es den Rotbuchen. Der Tesla-Wald soll ein
       abwechslungsreicher Mischwald werden, auch Birken wurden gepflanzt. Gerne
       würde Sturies nun mehr auf die Arten Ahorn und Eiche setzen. Doch davon
       gibt es nicht genügend Setzlinge. „Wir kriegen in den Baumschulen
       vielleicht 30.000 bis 40.000 zusammen“, sagt Sturies, „wir könnten aber gut
       und gerne das Doppelte pflanzen.“
       
       Dass das Saatgut knapp wird, liegt auch an den Vorschriften. Denn
       zugelassen für Aufforstungen als Ausgleichsmaßnahmen sind nur
       gebietsheimische Gehölze, also Saatgut für einheimische Bäume aus
       Brandenburg. Tausende Erlen, die „Naturraum für Generationen“ bereits
       gepflanzt hatten, mussten wieder entfernt werden. Sie kamen nicht aus dem
       zugelassenen Naturraum.
       
       Auch für das Saatgut ist der Sommer ein Problem, erklärt Hans-Jürgen
       Sturies. „Bei den Traubeneichen haben wir dieses Jahr eine fette Mast
       erwartet“, sagt er. „Nun müssen wir feststellen, dass die meisten Bäume mit
       Notabwurf auf die Hitze reagiert haben.“ Wer unter den Eichenalleen in
       Brandenburg radelt, merkt das an den grünen, längst nicht reifen Eicheln,
       die auf den Radwegen liegen.
       
       Axel Behmann würde angesichts des voranschreitenden Klimawandels gern auch
       mit nichtheimischen Gehölzen experimentieren. Darin ist er sich mit Jens
       Schröder einig. „Wenn es kein Saatgut für gebietsheimische Gehölze mehr
       gibt, muss man auch woanders im Regal hingreifen können“, sagt Schröder.
       
       An seinem Lehrstuhl an der [4][Hochschule für nachhaltige Entwicklung
       Eberswalde] forscht Schröder zum Thema Waldbau. Auf einer Versuchsfläche
       wollten er und Behmann herausfinden, ob nichtheimische Baumarten den Hitze-
       und Trockenstress besser bewältigen als der einheimische Mix aus Kiefer,
       Eiche und Buche. „Alternativbaumarten“ nennt das Schröder.
       
       ## Axel Vogel sagt Nein
       
       Doch das hat das von Axel Vogel (Grüne) geführte [5][Landwirtschafts- und
       Umweltministerium] untersagt. Nun finanzieren Behmann und die
       Flächeneigentümer, die sein Projekt vertritt, die Versuchsfläche auf eigene
       Kosten. Gepflanzt wurde etwa ein Schwarznuss-Walnuss-Hybrid, der in
       Südeuropa heimisch ist. Weitere 15 solcher Baumarten sollen ab Dezember auf
       einer Fläche von 3 Hektar folgen. Unterstützung bekommt Behmann dabei auch
       von Isabell Hiekel. „Wir müssen prüfen, ob wir nicht auch andere Baumarten
       bei der Neupflanzung zulassen können“, sagt sie.
       
       Auf der Versuchsfläche musste Behmann eine weitere Hürde nehmen. Eine
       Aufforstung, die nicht als Ausgleich anerkannt wird, gilt – wie die Rodung
       durch Tesla – ebenfalls als Eingriff in die Landschaft. Für die
       Versuchsfäche muss Behmann nun selbst für Ausgleich sorgen.
       
       Ob der Tesla-Wald am Ende als Wald anerkannt wird, zeigt sich in vier
       Jahren. Dann müssen die Pflanzungen von der Unteren Forstbehörde abgenommen
       werden. Voraussetzung ist, dass eine „Waldkultur“ entstanden ist. „Ein
       richtiger Wald“, sagt Axel Behmann, „ist dann in 15 bis 20 Jahren zu
       sehen.“
       
       4 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tesla.com/de_de/giga-berlin
   DIR [2] https://www.nfg-brandenburg.de/
   DIR [3] https://www.flaechenagentur.de/
   DIR [4] https://www.hnee.de/de/Startseite/HNEEberswalde-Startseite-E9875.htm
   DIR [5] https://mluk.brandenburg.de/mluk/de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
       ## TAGS
       
   DIR Tesla
   DIR Mischwald
   DIR Die Grünen Brandenburg
   DIR Tesla
   DIR Wassermangel
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Brandenburg
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Mischwald
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Tesla und Northvolt in Deutschland: Unklare E-Auto-Zukunft
       
       Die Batterieproduktion in Deutschland wackelt. Grund sind die USA mit ihrem
       Investitionsprogramm. Brüssel und Berlin müssen jetzt nachziehen.
       
   DIR Gigafactory in Grünheide: Tesla gräbt das Wasser ab
       
       In Grünheide bereitet der Autobauer die nächste Stufe des Fabrikausbaus
       vor. Umweltverbände befürchten starke Beeinträchtigungen für Schutzgebiete.
       
   DIR Filmfest Eberswalde: Ähnlich wie bei der Berlinale
       
       Eine Woche lang kommt die Welt in eine Kreisstadt in Brandenburg. Die 19.
       Provinziale, das Filmfest Eberswalde, wird am Wochenende eröffnet.
       
   DIR Rehe verhindern Waldumbau in Brandenburg: Schießt doch endlich!
       
       Brandenburgs Kiefernwälder brennen. Helfen würde der Waldumbau, doch der
       kommt nicht voran. Denn die Jäger verhindern ein modernes Jagdgesetz.
       
   DIR Jagd- und Waldgesetze in Brandenburg: Wald vor Wild?
       
       Die Landesregierung plant zum Schutz des Waldes ein neues Jagdgesetz. Das
       führt zu heftigem Streit.
       
   DIR Ausgleich für die Tesla-Rodungen: Übers Wald werden
       
       In Brandenburg entsteht auf 520 Hektar ein neuer Mischwald. Doch geht das
       überhaupt: Wald machen? Und welche Bäume sollen es sein?